Kölner Rosenmontagszug startete 1823 erstmals

Preußen wollten den Karneval verbieten

Der erste Rosenmontagszug in Köln startete am 10. Februar 1823 mit ganzen 15 Zugnummern. Es war Karneval in einer ganz anderen Zeit, ohne Fernseh- oder Radioübertragungen. Ein Rückblick mit Marita Dohmen vom Kölner Karnevalsmuseum.

Kamelle fliegen vom Rosenmontagswagen in Köln / © Oliver Berg (dpa)
Kamelle fliegen vom Rosenmontagswagen in Köln / © Oliver Berg ( dpa )

DOMRADIO.DE:  Wir gehen jetzt mal 195 Jahre zurück: Wie kam es denn zum ersten Rosenmontagszug?

Marita Dohmen, Kölner Karnevalsmuseum: Der Karneval war zu dieser Zeit ein bisschen ausgeufert. Die Preußen wollten ihn ganz verbieten. Dann haben sich die Honoratioren der Stadt zusammen gefunden, um das Ganze neu zu regulieren. Das Ziel war daraus ein schönes Fest zu machen und gleichzeitig die Preußen zu beruhigen. Das Fest war vorher nur noch Besäufnis und Prügelei. Ein Karnevalszug gab es überhaupt nicht, das gab es erst seit dem Herbst 1822. Da haben sich die Leute zusammengestellt und innerhalb kurzer Zeit einen fantastischen Zug zusammengesetzt, der in romantischen Bildern die Geschichte der Stadt Köln zeigte.

DOMRADIO.DE:  Draußen ist es richtig kalt, deshalb stellen sich viele Jecken zum Beispiel in flauschigen Tierkostümen an die Zugstrecke. Wie war das damals? Waren da die Kölner verkleidet?

Marita Dohmen: Damals brauchten sie gegen die Kälte Hut und Mantel, aber Kostüme gab es zu dieser Zeit noch nicht. Das gab es auch in den Anfangsjahren nach dem Krieg noch nicht. Das ist ja erst in den späten 60er, Anfang der 70er Jahre rausgekommen, dass die Leute am Rand des Karnevalszugs sich kostümierten.

DOMRADIO.DE:  Ein nicht wegzudenkender Teil des Rosenmontagszuges ist das Rufen nach „Kamelle und Strüßjer". Gerade für die Kinder ist das Schmeißen und Fangen von Kamelle der Hit. In diesem Jahr ist der Zug mit nicht weniger als 300 Tonnen Süßigkeiten ausgestattet. Gab es 1823 auch Kamelle?

Marita Dohmen: Es war so, dass die Preußen den Karneval eigentlich nicht wollten und die Kölner das Publikum irgendwie ruhig kriegen wollten, damit sie nicht unruhig wurden. Da hat man dann von den Adjutanten Blumen verteilen lassen und das ist so angekommen, dass man sich im nächsten Jahr überlegt hat, das können wir ja ausweiten. Da hat man sich im nächsten Jahr überlegt auch etwas zu werfen: Konfetti, Gipsdragees, Erbsen. Gipsdragees und Erbsen wurden wohlgemerkt ganz schnell wieder verboten. Der Grund, warum man überhaupt etwas warf, war, dass der Fürst seine Untertanen beschenken wollte.

DOMRADIO.DE:  Kommen wir mal zu den Nummern des Zuges. Heute nehmen fast 13.000 Menschen in über 60 Gruppen teil. Wer war denn damals so dabei?

Marita Dohmen: Im Grunde war das am Anfang nur die „bessere Gesellschaft“. Das hat noch bis in die 1840er Jahre so gehalten, bis sich zum ersten Mal jemand dagegen aufgelehnt hat – Franz Raveaux, vielen Leuten ist er aus der Revolution von 1848 besser bekannt. Bis dahin war das etwas für den höheren Mittelstand.

DOMRADIO.DE: Immer wieder nimmt Karneval satirisch auf die Kirche Bezug. Zum Beispiel durch die Motiv-Wagen. Wie war damals die Verbindung von Kirche und Karneval?

Marita Dohmen: Der Karneval kommt ja aus der Kirche. Aber satirische Bezüge gegen die Kirche gab es 1823 oder 1824 noch nicht. Es ging ja nur darum, dass man sich amüsieren konnte, ohne dass die Preußen einem einen Strich durch die Rechnung machten.  

 

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR