Tausende Jecken feiern auf dem Alter Markt in Köln den Start in den Straßenkarneval

Un d'r Herrgott hät sing Freud

Im Rheinland hat mit den Feiern zur Weiberfastnacht die heiße Phase des Karnevals begonnen. Pünktlich um 11.11 Uhr eroberten die Narren in den Karnevalshochburgen am Donnerstag Straßen und Rathäuser und entmachteten die politische Elite.

Autor/in:
Kathrin Aldenhoff
Auch ein Stadtdechant feiert mit! / © domradio
Auch ein Stadtdechant feiert mit! / © domradio

Um 8.00 Uhr morgens geht die erste Bierdose mit einem leisen Zischen auf. "Prost", ruft Charlotte durch den Regionalexpress. Mit fünf Freundinnen und einem Freund ist die 27-Jährige an Weiberfastnacht von Düsseldorf nach Köln unterwegs. Sie trägt eine weiße Lockenperücke, darauf thront ein Matrosenmützchen, ihre Lippen sind knallrot geschminkt: "In Köln lässt sich einfach besser Karneval feiern, im letzten Jahr waren wir auch schon dort", sagt Charlotte. Am Boden vor ihr stehen große Plastiktüten voll mit Chips, Bier, Prosecco und belegten Broten.

"Glas ist ja in der Kölner Altstadt verboten, deshalb müssen wir das vorher austrinken", sagt Freundin Julia und gießt allen einen Schluck Prosecco nach. Als Froschkönigin trägt die 28-Jährige eine grüne Perücke und eine kleine goldene Krone auf dem Kopf und um den Hals eine Perlenkette.

Tausende Jecken feiern am Donnerstag in der Kölner Altstadt den Start in den Straßenkarneval. Auf dem Alter Markt sind zwei große Tribünen aufgebaut, auf einer Bühne davor spielen von 9.40 Uhr an Kapellen und Bands kölsche Lieder. Pünktlich um 11.00 Uhr betritt das Dreigestirn die Bühne. "Heute ist nicht der Tag, an dem die Männer viel zu sagen haben", ruft der Prinz ins Mikrofon. Die Jungfrau übernimmt und jubelt: "Ich habe lange auf diesen Tag gewartet!"
Die Männer bleiben heute zu Hause

Blauer Himmel
Die Jecken vor der Bühne schunkeln und klatschen, dann zählen alle zusammen die letzten Sekunden herunter: Um Punkt 11.11 Uhr fliegen bunte Papierschnipsel durch die Luft und die Narren stoßen mit ihren Plastikbechern an. Das macht zwar kein schönes Geräusch, aber das ist an so einem Tag egal. Sogar das Wetter spielt mit: Der Schneeregen, der morgens vom Himmel kam, hat nachgelassen und nun sind zwischen den Wolken sogar ein paar Fetzen blauer Himmel zu sehen.

Vor der Tribüne hat sich eine Gruppe Clowns versammelt. Sie haben grüne Mützen auf dem Kopf, ihre Nasenspitzen leuchten rot, und um Mund und Augen haben sie weiße Ränder gemalt. Die acht Frauen kommen seit sieben Jahren aus Mülheim an der Ruhr nach Köln, um hier Weiberfastnacht zu feiern. "Da ist die ganze Stadt im Ausnahmezustand", freut sich Anne. Alle sind um die 50 Jahre alt und ihre Männer lassen sie an diesem Tag zuhause. Birgit zieht ihr bunt gepunktetes Oberteil nach oben und lächelt verführerisch. Um die Taille trägt sie einen Gürtel, an dem in kleinen Gummilaschen eine Batterie von Schnapsfläschchen steckt. "Das ist natürlich ein Problem, wenn man Bier und Kurze durcheinandertrinkt. In der Regel ist jedes Jahr Eine von uns jenseits von Gut und Böse", sagt Birgit und lacht.

Einige Meter weiter stehen Helga und Willi. Die beiden tragen kurze blonde Lockenperücken, eine rosa Blume im Haar und pinkfarbene Trainingsanzüge unter ihren Mänteln. "Wir sind Cindy aus Marzahn", sagt die 63-Jährige und erklärt: 26 Jahre hätten sie und ihr Mann in Berlin-Marzahn gewohnt, nun seien sie wieder zurück in ihre Heimatstadt Köln gezogen. "Endlich", ruft sie, hakt sich bei Willi unter und schunkelt im Dreivierteltakt der Musik.
Keine Angst vor "wild gewordenen" Frauen

Ein bisschen verloren wirken Dennis, Thomas und Rico in dem Gedränge. Die drei Männer aus Hannover sind zum ersten Mal zu Karneval in Köln. "Wir wollten uns das mal anschauen", sagt der 35-jährige Dennis, der in einem schwarz-weiß gestreiften Sträflingsanzug steckt. Der 45-jährige Thomas ist Robin Hood, Rico hat sich mit einem Dreispitz und einer abgewetzten braunen Jacke als Pirat verkleidet. Angst vor wild gewordenen Frauen habe er nicht, sagt er und lacht: "Da können wir uns schon wehren!"

Als die Sängerinnen von den Funky Marys auf der Bühne die kölschen Mädels begrüßen, jubelt Heike, die eine karierte Hose und darüber eine Pelzjacke trägt. Noch vor zwei Tagen war die 38-Jährige erkältet. "Das wäre für mich als Kölnerin das Schlimmste, wenn ich Weiberfastnacht krank im Bett liegen müsste", sagt sie und nimmt einen Schluck Likör aus ihrem Plastikbecher.

Feucht-fröhlich geht es zur selben Zeit auch in der Düsseldorfer Innenstadt zu. Dort stürmen die "Möhnen" (närrischen Weiber) pünktlich um 11.11 Uhr das Rathaus und übernehmen die Macht. Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) schneiden sie als erstes den Schlips ab. Erste beim Schneiden ist dabei Karnevalsprinzessin Venetia Ursula, die ihre Trophäe umgehend auf den Balkon bringt und von dort den jubelnden und bunt kostümierten Narren auf dem Rathausplatz präsentiert.


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