In den närrischen Hochburgen hat der Straßenkarneval begonnen

Alaaf und Helau

In den rheinischen Karnevalshochburgen hat am Donnerstag der Straßenkarneval begonnen. Um 11.11 Uhr übernahmen mehrere Zehntausend Frauen am "Wieverfastelovend" (Weiberfastnacht) in Düsseldorf, Köln und Bonn das Regiment. Bei strahlendem Sonnenschein schunkelten und feierten die Narren den Start in die heiße Phase des närrischen Treibens. Die schönsten Bilder vom Auftakt in Köln in der Galerie!

Für die jecken Hörer im Studio: Birgitt Schippers und Sabine Gründler (DR)
Für die jecken Hörer im Studio: Birgitt Schippers und Sabine Gründler / ( DR )

Als "Zeichen der Weiberherrschaft" wurde den Männern mit der Schere die Krawatte abgeschnitten. Die Jecken stürmten die Rathäuser, um dort bis zum Aschermittwoch zu regieren. Höhepunkt der "fünften Jahreszeit" sind die großen Karnevalszüge am Rosenmontag in Köln und Düsseldorf, zu denen über eine Million Zuschauer erwartet werden.



Die Kölner Altstadt sei "rappelvoll", sagte eine Polizeisprecherin. Mit zunehmenden Alkoholkonsum nehme seit Mittag die Gewaltbereitschaft zu, auch würden immer häufiger Betrunkene gemeldet, die medizinisch versorgt werden müssten.



Auch in Düsseldorf stürmten die Weiber das Rathaus. Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) wurden gleich mehrere der mitgebrachten Schlipse abgeschnitten. Vor dem Rathaus heizten Moderatoren und Musiker die närrische Stimmung zusätzlich an.



Auch in Westfalen wurde an Altweiber gefeiert. In Unna setzte sich der kleinste Karnevalszug der Welt mit einem einzigen Teilnehmer in Bewegung. Helmut Scherer startete zum letzten Mal mit seinem Bollerwagen zum närrischen Umzug - aus Altersgründen will der 77-Jährige dann in den Ruhestand gehen.



Beim Wort Karneval vermutet man, dass es sich aus den lateinischen Wörtern "carnis" für "Fleisch" und "elevare" für "aufheben" zusammensetzt und so viel bedeutet wie Aufhebung oder Wegnahme des Fleisches. Eine andere Theorie geht vom Begriff "carrus navalis" aus, dem Schiffskarren, mit dem sich der Sage nach die verschiedenen Göttinnen des Frühlings und der Fruchtbarkeit fortbewegten und der bei den Fastnachtsumzügen wieder auftaucht.



Das Wort Fastnacht setzt sich zusammen aus dem althochdeutschen "fasta" für Fastenzeit und "naht" für Vorabend. Ursprünglich war damit nur der Abend vor dem Beginn der Fastenzeit gemeint, der heutige Fastnachtsdienstag. Die Bezeichnung Fasching leitet sich ab von der mittelhochdeutschen Zusammensetzung "vast-schanc", womit der Ausschank vor der Fastenzeit gemeint ist.



Dies weist auf den ursprünglichen heidnischen Hintergrund der Fastnachtszeit hin, der von christlichen Bräuchen überlagert wurde. Bereits lange vor dem zwölften Jahrhundert, als der Begriff Fastnacht entstand, wurde ein altes Vorfrühlings- und Fruchtbarkeitsfest gefeiert, mit dem die Menschen die Angst vor Kälte und Krankheit vertrieben. Später wurde die bevorstehende Fastenzeit zum Motiv für die ausgelassenen Feiern. Die Kirche lehnte die Ausschweifungen lange ab.



Unter dem Eindruck der wechselnden französischen und preußischen Obrigkeiten entstand in Köln der typisch rheinische Karneval, der Hofstaat, Uniformen, Garden und Orden parodierte und sich zunächst in ganz Deutschland durchsetzte. Zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es aber im schwäbisch-alemannischen Raum eine Art Fastnachts-Konterrevolution, mit der sich das vorromantische Fastnachtsbrauchtum wieder durchsetzte.



Da in der Fastenzeit früher nicht nur der Verzehr von Fleisch, sondern auch der von Eiern, Schmalz, Fett und Butter strengstens verboten war, wurde während der Fastnachtszeit nochmals ausgiebig geschlachtet und geschlemmt, wobei natürlich auch die verderblichen Produkte wie Eier und Fett verbraucht werden mussten. So entstand die noch heute beliebte Fastnachtssitte des Schmalzgebackenen mit viel Eiern, bekannt als Fastnachtsküchle oder -kreppel, in vielen Regionen auch Berliner genannt.



Kirche, Kardinal, Karneval, Köln

Es ist eine schöne Tradition: Auch in diesem Jahr hat der Kölner Kardinal Joachim Meisner mit den Karnevalisten der Stadt einen Gottesdienst im Dom gefeiert. Die Jecken starteten damit in die heiße Phase der fünften Jahreszeit. Karneval und Kirche demonstrieren seit 2007 in Köln mit einem Gottesdienst ihre Verbundenheit.



An dem Pontifikalamt am Vorabend der Prinzenproklamation nahmen auch das designierte Dreigestirn, das Kinderdreigestirn und zahlreiche Mitglieder der Festkomitee-Gesellschaften teil.



In seiner heiteren Predigt verwies Meisner auf Parallelen zwischen dem Karneval und den drei vorweihnachtlichen Heiligen Martin, Elisabeth und Nikolaus. Die farbenfrohen Uniformen und Kostüme müssten etwas von Mantel des heiligen Martin haben, den dieser selbstlos mit einem Bettler am Wegesrand geteilt hatte, meinte der Kardinal. Der Karneval bekäme dann "seinen Glanz und seine Würde, wenn die Karnevalisten selbstlos die Freude des Herzens mit anderen teilen und wenn sie nicht verletzen wollen, sondern den anderen erfreuen möchten".



Ähnliches gelte für das sogenannte Rosenwunder und die Schürze der heiligen Elisabeth, fuhr Meisner fort. In ihr hatte sie den Armen heimlich Brot gebracht. Von ihrem Gatten ertappt, enthielt die Schürze nur noch Rosen. Die Legende könne Programm für den Karneval sein, so der Kardinal. "Der Hunger des Herzens ist oft viel größer als der Hunger des Magens." Durch Karneval würden die Menschen froh.



Schließlich verglich Meisner den Sack des heiligen Nikolaus mit den Säcken und Behältern, aus denen beim Karneval Kamelle unters Volk geworfen wird. "Wer zum Karneval geht, der sollte nicht nur dafür sorgen, dass die Uniform oder das Kostüm gut sitzt, sondern er soll auch immer darauf achten, dass er etwas in seinem Herzen hat und vielleicht auch in seiner Tasche, um es mit anderen teilen zu können."



Der Kölner Kardinal dazu auf, Protest und Anklage ein wenig zurückzustellen und das "viele Positive, das es ja auch bei uns gibt, in den Vordergrund zu rücken, um die Menschen daran zu erinnern". Das geschehe "Gott sei Dank im Karneval oft durch die Ironie und den Humor". Der beste Karnevalshumor sei dort, so Meisner, "wo man über sich selber lachen kann und wo man auch fähig und bereit ist, sich selbst auf den Arm zu nehmen." Der Kölner Erzbischof gab zu, ein Spätberufener des Kölner Karnevals zu sein, aber "wenn wir ihn noch nicht erfunden hätten, dann müsste man ihn heute noch erfinden!"