Laserscanner machen Schäden der Kölner Kathedrale sichtbar

Der Dom in 3-D

Ein virtueller 3-D-Rundflug durch den Kölner Dom ist noch nicht möglich - kann mit den neuen Laserscanner-Aufnahmen aber Wirklichkeit werden. Zunächst einmal dienen die gewonnen Daten anderen Zwecken.

Autor/in:
Andreas Otto
3 D-Scan des Kölner Doms / © Hochschule Fresenius (dpa)
3 D-Scan des Kölner Doms / © Hochschule Fresenius ( dpa )

Bei Norman Jankowski kommt beides zusammen: Er studiert nicht nur Design-Technik, sondern ist auch noch Kletter-Sportler. Damit hat er alle Voraussetzungen für ein besonderes Projekt: Ganz legal hat er die Spitzen des Kölner Doms erklimmen dürfen - gesichert, aber mit einem neun Kilo schweren Laserscanner auf dem Rücken. Den brauchte er, um die Turmhelme digital zu vermessen - Grundlage für eine 3-D-Darstellung der Kathedrale.

Weltkulturerbe und "Steingebirge"

Mit der Fachhochschule Fresenius in Köln hat sich die Dombauhütte im vergangenen Jahr daran gemacht, das "Steingebirge" in zwei Phasen von innen und von außen mit hochwertiger und an der Edinburgher Heriot-Watt-University entwickelten Laser-Technik zu erfassen.

Jankowski und 32 Mitstudenten um Kommunikationsdesign-Professor Chris Wickenden feuerten per Scanner innerhalb von drei Wochen 660 Mal auf das ehrwürdige Bauwerk und tasteten dabei jeden Millimeter ab - eine Million Punkte pro Sekunde.

Virtueller Flug muss warten

"Eine perfekte Momentaufnahme vom Dom", beschreibt Jörg Sperner am Dienstag vor Journalisten in Köln das Ergebnis. Der Assistent des Dombaumeisters hat das Projekt begleitet - und kann genau sagen, wozu die zwei Terabyte Daten dienen sollen. Zunächst geht es nicht um einen begehrten virtuellen Flug durch die Kathedrale oder entlang ihres Gemäuers, auch wenn eine solche internetfähige Darstellung bei entsprechender personeller Kapazität tatsächlich umgesetzt werden könnte. Die wissenschaftliche Aufarbeitung hat Vorrang, weshalb erst mal nur ein Video einen Eindruck über die Scanner-Arbeiten gibt.

Einzelne Bilder sind schon gewonnen, und sie erinnern ein wenig an die Thermografie-Fotos von zu dämmenden Häusern - nur dass die Bilder erheblich präzisere Konturen und filigrane Strukturen preisgeben.

Entscheidungshilfe bei Restaurierungen

Damit lassen sich an sämtlichen Stellen des Gotteshauses Sturm-, Witterungs- oder Kriegsschäden erkennen, auch Wassereinbrüche und Wärmebrücken. Die Bilder können laut Sperner helfen, notwendige Restaurierungsarbeiten schneller und einfacher zu planen und auszuführen. Nicht zuletzt können sie eine Grundlage für die Entscheidung bieten, ob bei Rissen sofort einzugreifen ist oder erst einmal abgewartet werden kann.

Sperner nennt noch einen Vorteil des "3Dom"-Projekts: In fünf oder zehn Jahren könnten die Laserscanner ein weiteres Mal auf die Kathedrale losgelassen, alte und neue Bilder verglichen und damit Veränderungen an der Bausubstanz festgestellt werden.

Kosten von 35.000 Euro

35.000 Euro hat sich die Dombauhütte das Projekt kosten lassen. Und doch spricht Sperner von einem Spareffekt. Um etwa nur den 57 Meter hohen Helm des Nordturms mit den klassischen Methoden zu vermessen, müsste dafür ein kompliziertes Gerüst aufgebaut werden. Schon allein das wäre ein riesiger zeitlicher und finanzieller Mehraufwand im Vergleich zu der jetzt eingesetzten Summe, mit der Daten über das komplette Gotteshaus gewonnen wurden. Mit den herkömmlichen Methoden würde es zudem Jahrzehnte dauern, die gleichen Ergebnisse zu erzielen.

Projektleiter Wickenden weist auf einen wenig erfreulichen Aspekt hin, der aber in der Welt von heute durchaus seine Berechtigung hat. Die Gesamterfassung könne angesichts von möglichen Terrorakten - wie jüngst in Palmyra - oder aber auch Naturkatastrophen Grundlage für einen Nachbau werden.

Ein solches Szenario will sich aber niemand ausmalen, auch nicht Steinrestauratorin Sophie Höpner. Sie ist aus einem anderen Grund begeistert über die detaillierten Aufnahmen der Laser. Mit den Scannern können Skulpturen oder Kapitelle so genau nachgezeichnet werden, dass sich daraus entsprechende Modelle fertigen lassen.

Aber eins kann die Hochtechnologie dann doch nicht leisten: die Arbeit des Handwerkers ersetzen. Wenn es gelte, für ein Original eine Kopie herzustellen, dann brauche es nach wie vor den kundigen Blick und das feine Geschick des Steinhauers - für Material, Oberfläche und die damit kompatible Formsprache.


Quelle:
KNA