In Köln planen Stadt und Kirche Projekt "Historische Mitte"

"Möglichst nicht höher als der Dom"

Der Kölner Dom ist nicht nur Weltkulturerbe, sondern auch Paradies für Kletterer, Wildpinkler und Mauerspechte. Das liegt auch an seiner Umgebung. Die soll jetzt mit einem einzigartigen Projekt verschönert werden.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Das Kölner Domumfeld (DR)
Das Kölner Domumfeld / ( DR )

Wenn alles so klappt, wie es sich die Bauherren vorstellen, hat Köln 2022 eine neue "Historische Mitte". Der Plan: Der Roncalliplatz südlich des Doms soll mit dem grundsanierten Römisch-Germanischen Museum (RGM) sowie einem gemeinsamen Neubau für Kölnisches Stadtmuseum, Erzbischöfliches Kurienhaus und Verwaltung des RGM zum kulturellen Herzstück der Domstadt werden. "Ein einzigartiges Projekt - auch weil Stadt und Kirche hier an einem Strang ziehen", meint Peter Füssenich, seit Ende Januar neuer Kölner Dombaumeister. Bis zur Umsetzung ist es freilich noch ein weiter Weg.

Gespräche zwischen "Nachbarn"

Dem gemeinsamen Vorhaben gingen pragmatische Überlegungen voraus. Bereits 2011 beschloss der Rat der Stadt Köln die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums. Ebenso braucht das im Zeughaus untergebrachte Stadtmuseum dringend eine neue Behausung. Zugleich ergaben zwei Gutachten, dass eine Instandsetzung des Kurienhauses aus den 60er Jahren - wegen der dortigen Priesterwohnungen "Prälatenbunker" genannt - nicht lohnt, berichtet Füssenich bei einer Veranstaltung am Dienstagabend in Köln. Auch sein Büro und das Dombauarchiv, das "Gedächtnis des Doms", sind in dem Gebäude untergebracht. Über 20.000 Pläne und eine große Sammlung der ältesten Fotografien aus dem 19. Jahrhundert erzählen die Geschichte der Kathedrale. So kam es zu Gesprächen zwischen den "Nachbarn". Die Vision der Beteiligten: Drei der bedeutendsten Archiv-, Musuems- und Forschungseinrichtungen in Köln bereichern einander.

Anbindung an "Via culturalis"

Mit der neuen "Historischen Mitte" könnten einzigartige Exponate zur 2.000-jährigen Stadt- und Kirchengeschichte abgestimmt in einem würdigen Rahmen präsentiert werden. Mehr noch: Der Bereich neben der Kathedrale, der sich derzeit deutlich unter Wert verkauft, fände Anschluss an die "Via culturalis". Diese Kulturmeile soll laut städtischem Masterplan vom Dom über die Archäologische Zone aus der Römerzeit, das künftige Jüdische Museum, das Wallraf-Richartz-Museum bis hin zu Sankt Maria im Capitol verlaufen. All das würde Köln in Sachen Image, Tourismus und als Mehrwert für Unternehmen voranbringen, sind die Beteiligten überzeugt.

Auf die Stadt Köln, die mit dem Bau-Desaster um die Oper zuletzt schlechte Schlagzeilen hatte, kommen nach Schätzungen Kosten von rund 100 bis 123 Millionen Euro zu. Das Domkapitel als Bauherr des Kurienhauses hätte etwa 12 bis 15 Millionen zu stemmen. "Das fällt uns nicht ganz so leicht", räumt Füssenich ein, der bereits seit 2014 als kommissarischer Dombaumeister mit dem Thema betraut ist. "Wir werden die Summe aus Rückstellungen aufbringen." Auf jeden Fall sei die Kirche offen für jede Art von Kooperation, vielleicht auch einer gemeinsamen Bauherrenschaft mit der Stadt.

"Nicht höher als der Dom"

Zur Vorbereitung des ehrgeizigen Unterfangens gab es bereits eine städtebauliche Planungswerkstatt mit 13 internationalen Experten. Im November segnete der Rat einen europaweiten architektonischen Realisierungswettbewerb ab. Derzeit ist noch vieles denkbar für die Gestaltung des Gebäudes, meint Denkmalschutzexperte Füssenich. "Es sollte nicht höher als der Dom sein", scherzt der 45-Jährige. Im Raum stehe, den Baukörper am Standort des einstigen Erzbischöflichen Palastes aus dem 12. bis 17. Jahrhundert zu errichten, damals einem der bedeutendsten Profanbauten Deutschlands. "Damit würden wir das Gedächtnis an dieser Stelle schaffen - natürlich mit selbstbewusster Architektur von heute."

Ausschreibungsverfahren steht bevor

Zuvor stehen aber auch Fragen der Vergabepraxis an, erläutert Füssenich. So müssten Ausschreibungen stets europaweit erfolgen und der billigste Bieter beauftragt werden. "Mittlerweile gibt es ja fast mafiöse Strukturen bei den Firmen, die sich gegenseitig unterbieten und dann in einem sogenannten Nachtragsmanagement dafür sorgen, dass die Kosten erhöht werden. Das ist ein großes Problem, über das man reden muss", so der Dombaumeister.

Als großen Ansporn für die Fertigstellung 2022 sieht Füssenich das 700-Jahr-Jubiläum des Domchors, zu dem es eine "großartige Ausstellung" geben könne. "Ich für meinen Teil werde alles dafür tun, dass wir dieses Datum schaffen."


Quelle:
KNA