Kirchliche Signale zur Tagespolitik haben Tradition

Mit Glocken oder ohne Leuchten

"Der Dom geht aus Protest aus", schrieb die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" über die geplante Verdunkelung des Kölner Doms. Dass Kirchen mit symbolträchtigen Aktionen Zeichen setzen, hat in Deutschland Tradition.

Autor/in:
Paula Konersmann
Kölner Dom (dpa)
Kölner Dom / ( dpa )

Die berühmte Kathedrale wolle keine strahlende Kulisse für die Demonstration von Kögida bieten, dem Kölner Ableger der islamkritischen Pegida-Bewegung, hatte Dompropst Norbert Feldhoff im Vorfeld erklärt. Andere Gebäude wie die evangelische Antoniterkirche oder das Schokoladenmuseum schlossen sich an. Auch das Altstadtpanorama bleibt dunkel, wie die Stadt am Montag mitteilte. Alle Kölner Rheinbrücken, das Rathaus und andere historische Gebäude blieben so lange dunkel, bis der Umzug der Kögida-Anhänger beendet sei.

Dass die Kirchen mit solch symbolträchtigen Aktionen ein Zeichen setzen, hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits vor vier Jahren gingen am Dom die Lichter aus. Damals warb auch die Kathedrale für die Klimaschutz-Aktion "Earth Hour" des WWF, bei der für eine Stunde alle Scheinwerfer abgestellt wurden.

Protest und Lichtspiele

Umgekehrt gibt es immer wieder besondere Lichtinstallationen zu ausgewählten Anlässen; etwa beim Eucharistischen Kongress vor zwei Jahren war das Lichtspiel im Dom einer der Höhepunkte. Im Zusammenhang mit Pegida hat die Dresdner Semperoper kurz vor Weihnachten als erstes Gebäude das Licht ausgeschaltet.

Im Süden Deutschlands hat sich bei NPD-Kundgebungen eine andere Tradition etabliert: das Glockenläuten. 2006 ließ der heutige Würzburger Weihbischof Ulrich Boom in Miltenberg während einer Versammlung einer rechtsextremen Jugendorganisation 20 Minuten lang die Glocken läuten. 2013 gab es ähnliche Aktionen in Aschaffenburg, Regensburg und Schweinfurt, meist gefolgt von Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen: Sie hätten genehmigte Kundgebungen gestört, so der Vorwurf. Evangelische und katholische Geistliche hatten etwa in Schweinfurt auch mit Trillerpfeifen gegen eine NPD-Kundgebung demonstriert. Die Ermittlungen wurden in allen Fällen eingestellt.

Kritik am Dompropst

Unumstritten sind derartige Aktionen allerdings generell nicht. Aktuell berichtet der Kölner Dompropst von kritischen Reaktionen bis hin zu Kirchenaustritten. "Das ist zum Teil erschütternd, warum man gegen unsere Aktion ist", sagte Feldhoff am Montag. "Einmal wurde sogar Hitler gelobt."

Beide großen Kirchen haben sich bereits in den vergangenen Wochen sehr deutlich gegen Pegida positioniert. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wandte sich vor allem gegen die Vorstellung, das christliche Abendland "hätte etwas mit Ausgrenzung zu tun". Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, gegen die menschenfeindliche Einstellung, die auf den Demonstrationen teilweise zu spüren sei, müsse man "klare Kante" zeigen.

Interne Debatten

Auch kirchenintern gibt es immer wieder Debatten darüber, wie deutlich sich die Kirche in tagespolitischen Fragen positionieren solle - und in welcher Form. 1989 sorgte der Vorschlag der Bischofskonferenz, zum Fest der "Unschuldigen Kinder" am 28. Dezember sollten die Glocken gegen Abtreibung zu läuten, für Protest. Der damalige Limburger Bischof Franz Kamphaus betonte 1994 im Magazin "Der Spiegel", Glocken sollten "nur für den Gottesdienst" läuten.

Derartige Erwägungen hätten keine Rolle gespielt, sagte Feldhoff am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gehe lediglich darum, dass der Dom als international viel beachtetes Bauwerk nicht die Aufmerksamkeit für die Ziele von Pegida erhöhen solle. Er fühle sich bestärkt von den rund 500 zustimmenden Rückmeldungen, die ihn übers Wochenende erreicht hätten - teils auch von Menschen, die schon länger nicht mehr in der Kirche seien. "Insofern hoffen wir, dass wir mit der Aktion diejenigen erreichen, die bei Pegida mitgehen, aber eigentlich guten Willens sind. Sie möchten wir zum Nachdenken bringen."


Quelle:
KNA