Vor 50 Jahren wurde das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre gesenkt

Eine Stimme für die Zukunft

Seit 1970 darf jeder Deutsche ab 18 Jahren seine Stimme abgeben. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vorstöße, das Wahlalter noch weiter zu senken - von 18 auf 16, 14 oder sogar 0 Jahre.

Autor/in:
Angelika Prauß
Wahlurne / © I'm friday (shutterstock)

Vor 50 Jahren war es eine kleine Sensation. Am 31. Juli 1970 erfolgte eine Grundgesetzänderung, die das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre herabsetzte. Einen Tag später, zum 1. August, war jeder Deutsche mit Vollendung des 18. Lebensjahres wahlberechtigt und wählbar.

Das Wahlrecht hat seit dem 19. Jahrhundert immer wieder Veränderungen erlebt, war umstritten und umkämpft. Als 1871 im Deutschen Reich das "allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime aktive und passive Wahlrecht" eingeführt wurde, galt dies für alle Männer über 25 Jahre, die die bürgerlichen und politischen Ehrenrechte besaßen.

Frauen mussten sich noch gedulden; 1870 war es ihnen laut Preußischem Vereinsgesetz noch verboten, an Versammlungen politischer Parteien teilzunehmen - geschweige denn, Mitglied zu werden. Erst seit 1918 gibt es in Deutschland ein Frauenwahlrecht - in der Schweiz erst seit 1971.

Senkung der Volljährigkeit

Ab 1918 waren hierzulande somit alle Frauen und Männer ab 21 Jahren wahlberechtigt. 1970 schließlich wurde das Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt; die Senkung der Volljährigkeit erfolgte indes erst 1974 von 21 auf 18 Jahre.

Auch heute wird wieder über das Thema diskutiert. Durch die demografische Entwicklung wurden zuletzt auch ein Familien- oder Kinderwahlrecht erwogen. Schließlich treibt die Sorge um den Klimawandel und lebenswerte Umweltbedingungen schon ganz junge Menschen um. Und wie sonst können ihre Interessen mitbedacht werden, wenn bei der Bundestagswahl 2021 jeder dritte Wahlberechtigte mindestens 60 Jahre alt sein wird?

Schon Mitte der 1990er Jahre sprachen sich Experten bei einer Anhörung der Kinderkommission des Deutschen Bundestages für eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 oder 14 Jahre aus. Kinder- und Jugendforscher warnten seinerzeit, dass mit Blick auf die demografische Entwicklung politische Entscheidungen zunehmend von älteren Menschen getroffen würden.

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Der Bielefelder Jugendforscher Klaus Hurrelmann forderte eine "allgemeine stärkere direkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen" und plädierte für ein Wahlalter von 12 oder 14 Jahren. Auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sprach sich 2011 für den Urnengang mit 14 Jahren aus.

Vor wenigen Wochen schlug Grünen-Chef Robert Habeck ein Wahlalter von 16 Jahren vor - und erntete viel Zustimmung. Jugendliche bei der nächsten Bundestagswahl schon ab 16 Jahren wählen zu lassen, sei eine "Frage der Gerechtigkeit", erklärte etwa der familienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sönke Rix. Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung "brauchen wir als Gegengewicht mehr junge Wählerinnen und Wähler".

Noch einen Schritt weiter geht der FDP-Finanzexperte und ehemalige Bundestags-Vizepräsident Hermann Otto Solms. Er schlug vor, das Wahlalter auf null Jahre herabzusetzen - Eltern wählen für ihre Kinder sozusagen: Nur so könne mehr Generationengerechtigkeit erreicht werden.

Gefahr der Einmischung

Und was sagen die künftigen Wähler? Die Münchner Kinderzeitung bietet jungen Leuten Gelegenheit, sich über das Kinderwahlrecht eine Meinung zu bilden. "Ich finde die U18-Wahl gut, weil man als Jugendlicher dann nicht mehr das Gefühl hat, übersehen zu werden", schreibt Amana. Auch Ruth spricht sich für ein Wahlrecht ab 14 oder 15 aus, "schließlich geht es ja um unsere Zukunft". Mario hält dagegen: Zwar könnten die Eltern ihre Kinder beim Wählen auch unterstützen, "aber dann besteht ja wieder die Gefahr, dass die Eltern sich zu sehr einmischen und die Kinder beeinflussen".

Auch wenn das Wahlalter für Bundestagswahlen bislang weiter bei 18 Jahren liegt - bei Kommunalwahlen dürfen jüngere Menschen in einigen Bundesländern bereits ihre Stimme abgeben. So haben seit 1996 zehn Bundesländer - zunächst Niedersachsen, später unter anderem auch Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg - das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt. Und bei Landtagswahlen dürfen in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Brandenburg auch 16- und 17-Jährige an die Wahlurne. Nun wirbt auch die SPD in NRW für ein früheres Wahlalter bei der Landtagswahl: Denn mit den "Fridays for Future"-Protesten habe die junge Generation sehr deutlich politischen Gestaltungswillen bewiesen.


Jugendliche in Deutschland / © oneinchpunch (shutterstock)
Jugendliche in Deutschland / © oneinchpunch ( shutterstock )

Deutschlandfahne / © Savvapanf Photo (shutterstock)

Dem Deutschen Volke - und allen Menschen: Berliner Reichstag / © Maurizio Gambarini (dpa)
Dem Deutschen Volke - und allen Menschen: Berliner Reichstag / © Maurizio Gambarini ( dpa )
Quelle:
KNA