Appelle zum 30-jährigen Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention

"Kinderrechte festschreiben und Flüchtlingskinder unterstützen"

Zum 30. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention fordern Organisationen und Politiker die Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz. Zudem soll die Situation geflüchteter Kinder verbessert werden. 

Syrien: Millionen Kinder auf der Flucht (dpa)
Syrien: Millionen Kinder auf der Flucht / ( dpa )

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz vorlegen. Das kündigte sie zum Internationalen Tag der Kinderrechte am Mittwoch auf NDR Info an. 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention sei es nötig, die Ziele endlich auch in Deutschland umzusetzen.

Kinder hätten besondere Rechte, auf die besonders geachtet werden müsse, so Lambrecht weiter. Sie sollten in den Mittelpunkt staatlichen Handelns rücken. Die Ministerin wehrte sich zugleich gegen Vorbehalte aus der Union, wonach Kinder bereits durch die allgemeinen Menschenrechte genügend Schutz erhalten. Im Koalitionsvertrag hätten CDU, CSU und SPD einen Gesetzentwurf vereinbart: "Diesem Auftrag fühle ich mich verpflichtet. Deshalb wird es einen Vorschlag geben bis Ende des Jahres." Sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat sind für Grundgesetz-Änderungen Zwei-Drittel-Mehrheiten notwendig.

Drei Varianten erarbeitet

Die SPD-Politikerin wies zudem Befürchtungen der FDP zurück, die Kinderrechte im Grundgesetz könnten Elternrechte schwächen: "Es geht nicht darum, Elternrechte einzuschränken. Es geht darum, in der Werteordnung etwas zum Ausdruck zu bringen, was uns wichtig ist und staatliches Handeln an diesen besonderen Wert zu binden." Kinder bekämen eine besondere Stellung und müssten künftig entsprechend gehört werden, wenn es um ihre Belange gehe.

Eine Bund-Länder-Kommission hat drei Formulierungsempfehlungen erarbeitet. In einer Variante soll das Kindeswohl "angemessen" berücksichtigt werden, in einer zweiten "wesentlich" und in der dritten "vorrangig". Variante drei gilt in Regierungskreisen als Favorit. Die Grünen schlagen den Begriff "maßgeblich" vor.

Kritik an Ankereinrichtungen für Flüchtlinge

Im Vorfeld des 30. Jahrestags der UN-Kinderrechtskonvention am Mittwoch fordern mehrere Organisationen und Politiker die Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz und die Verbesserung der Situation geflüchteter Kinder. "Wir wollen Deutschland zu einem noch kinderfreundlicheren Land machen", sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD).

"Die Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention müssen uneingeschränkt ins Grundgesetz aufgenommen werden", forderte Claudia Kittel vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Die Diakonie Deutschland forderte, Kinderrechte auch in der Rückkehrpolitik zu beachten. Ankereinrichtungen für Geflüchtete seien jedoch keine "angemessenen und sicheren Orte für Kinder". Die Bedürfnisse und Rechte von Kindern würden hier "wissentlich missachtet".

Vielfach Verstoß gegen Kinderrechte

Auch der Deutsche Caritasverband appellierte, die Lebensbedingungen von Kindern aus Flüchtlingsfamilien zu verbessern. Diese verstießen bisweilen "vielfach gegen Kinderrechte". Der katholische Verband forderte deswegen unter anderem, in Flüchtlingsunterkünften Rückzugsorte für Mütter mit Babys einzurichten und sowohl die gesundheitliche Versorgung als auch den Zugang zu Bildung zu verbessern. 

Blick auf die Lage im Jemen

Die Uno-Flüchtlingshilfe verwies angesichts des Jubiläums der Kinderrechtskonvention auf die "besonders dramatische" Lage von Kindern und Jugendlichen im Jemen. Mehr als 6.700 Kinder wurden dort im Bürgerkrieg getötet, 1,8 Millionen Kinder sind akut unterernährt und 400.000 von ihnen droht der Hungertod, heißt es. "Die Weltgemeinschaft hat versagt, wenn Kinder tagtäglich verschleppt, versklavt, getötet werden. Damit dürfen wir uns nicht abfinden", sagte der Geschäftsführer Peter Ruhenstroth-Bauer.

Die Rechte schwerkranker Kinder und Jugendlicher müssen gesondert beachtet und geregelt werden, forderte der Bundesverband Kinderhospiz. "Für Kinder, die an lebensverkürzenden Krankheiten leiden muss noch viel mehr getan werden", sagte die Geschäftsführerin des Verbandes, Sabine Kraft.

Erheblicher Nachholbedarf

Auch das Deutsche Kinderhilfswerk sieht 30 Jahre nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention weiter erheblichen Nachholbedarf. "Nach wie vor werden die Interessen von Kindern im täglichen Leben oft übergangen", sagte Präsident Thomas Krüger der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Das treffe auch auf Entscheidungen von Behörden und Verwaltungen zu.

Krüger beklagte ferner eine au seiner Sicht äußerst unterschiedliche Handhabung der Kinderrechte in den 16 Bundesländern. Es gebe einen "föderalen Flickenteppich". Besonders die Armutsquote bei Kindern falle sehr unterschiedlich aus. Weil laut UN-Konvention aber jedes Kind ein Recht auf Schutz vor Gewalt, auf Bildung, Gesundheit, Beteiligung oder auf seine Eltern habe, sollten die Kinderrechte systematisch ausgebaut und im Grundgesetz verankert werden, forderte Krüger.

Kinderrechte-Index als Prüf-Instrument

Seine Organisation habe das bisher Erreichte jetzt durch ein systematisches Kinderrechte-Monitoring erfasst, ergänzte er. Laut Krüger wurden zum Beispiel beim Kinderrecht auf Bildung die Bildungs- und Rahmenpläne für Schulen und Kitas, der Anteil des Bildungsbudgets an den 16 Landeshaushalten oder auch die Schulabbrecherquoten unter die Lupe genommen: "Dieser Kinderrechte-Index, den wir in zwei Wochen vorstellen werden, ist ein Instrument für die Landesregierungen, um die Stärken und Schwächen ihrer Kinder- und Jugendpolitik zu überprüfen und diese dann gezielt zu verbessern."


Quelle:
KNA