Osnabrücks Weihbischof zur Jugendsynode in Rom

"Wir müssen im Gespräch bleiben"

Am Sonntag endet die gut dreiwöchige Bischofssynode zur Jugend im Vatikan. Einer der deutschen Synodenteilnehmer, der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe, spricht im Interview über Missbrauch und Begleitung, den Dialog mit Humanwissenschaften und den Mut, Neues auszuprobieren.

Bischöfe bei der Jugendsynode / © Paul Haring (KNA)
Bischöfe bei der Jugendsynode / © Paul Haring ( KNA )

KNA: Herr Weihbischof, Synode heißt "miteinander und aufeinander zugehen". Dafür müssen sich alle bewegen. In welchem Punkt haben Sie als langjähriger Jugendseelsorger Ihre Haltung oder Ansicht verändert?

Johannes Wübbe (Weihbischof im Bistum Osnabrück): Ich wurde bewegt, weil ich Weltkirche erlebt habe. Ich wurde bestärkt in dem, was ich als Jugend- und später als Gemeindepfarrer schon immer gemacht habe: mit den Menschen zu reden und mit ihnen Dinge zu entwickeln. Was mich weiter bewegen wird, sind die vielen Erlebnisse von Menschen auf der Flucht oder jenen, die erzählen, wie das Leben als Christ mit Lebensgefahr verbunden sein kann.

KNA: Hat sich eine Einstellung bei Ihnen geändert?

Wübbe: Nein, denn das, was Synode ausmacht, aufeinander zuzugehen - so habe ich immer mein Tun als Priester und Bischof verstanden. Da hat mich hier vieles bestärkt. Es gibt viele getaufte und gefirmte Christen, mit denen zusammen wir die Zukunft der Kirche gestalten können und sollten.

KNA: Ist diese Einstellung noch nicht bei allen Synodenteilnehmern genügend präsent?

Wübbe: Ich würde es mal so sagen: Ich glaube schon, dass in diesen fast vier Wochen viele Bischöfe noch einmal sehr gut gehört haben, was junge Leute wollen, und überrascht waren, wie konkret deren Vorstellungen von Kirche sind. Einigen Mitbrüdern würde ich mehr Mut wünschen, das auch in die Tat umzusetzen und mit jungen Menschen diesen Weg zu gehen.

KNA: Sind Sie einem Synodenteilnehmer begegnet, den Sie gerne mal für vier Wochen begleiten würden, um dort neue Erfahrungen zu sammeln?

Wübbe: Ich saß neben dem vietnamesischen Weihbischof Nguyen Van Vien, der mir geschildert hat, wie sie eine aufstrebende junge Kirche sind, aber ebenso ehrlich von den Herausforderungen in deren Gesellschaft erzählt hat. Wenn man wirklich eintauchen will in eine neue Situation, wären vier Wochen zu wenig.

KNA: Wie lange müssten Sie nach Vietnam reisen?

Wübbe: Da braucht man wohl ein ganzes Jahr. Das erfahre ich von den jungen Erwachsenen bei uns, die ein freiwilliges Jahr im Ausland machen.

KNA: Ist das eine Option - ein freiwilliges Auslandsjahr für einen Bischof?

Wübbe: Wohl nicht so ganz. Das bedeutet ja auch, dass man ein Jahr im eigenen Bistum ausfällt. Ich setze da eher auf die ohnehin vorhandenen weltkirchlichen Kontakte.

KNA: Ein Zauberwort dieser Synode ist Begleitung. Wer genau soll wen wie begleiten? Die sprichwörtlich guten Priester, von denen viele schwärmen, gibt es ja nicht mehr.

Wübbe: Es gibt ganz viele junge Menschen zwischen 20 und Ende 20, denen sich in Ausbildung und Studium viele Lebensfragen ganz neu stellen. Diese sind dankbar für Menschen, mit denen sie darüber sprechen können. Das sind schon längst nicht mehr nur Priester; in unseren Verbänden sind andere Männer und Frauen geistliche Begleiter.

Zunächst müssen wir aber mit diesen Menschen in Kontakt kommen, die klopfen ja nicht alle an unsere Tür. Zudem brauchen wir eine gute und fundierte Ausbildung für die Begleitenden sowie Gelegenheit zur Supervision.

KNA: Wie sehr schrecken die Missbrauchskrise und der Umgang der Kirche damit junge Menschen ab, sich an die Kirche zu wenden?

Wübbe: Unterschiedlich. Für diejenigen, die in Gemeinden und Verbänden mitmachen und dort gute Erfahrungen gemacht haben, ist das kein Thema. Sie finden es natürlich schlimm, mussten diese Erfahrung aber nicht machen.

KNA: Ist kein verstärkter Argwohn spürbar?

Wübbe: Es gibt auch jene, die skeptischer sind. Und denen müssen wir uns stellen, um gegebenenfalls deren Vertrauen zu gewinnen.

KNA: Wie kontrovers wurden die Themen Missbrauch, Laienbeteiligung, Sexualität bei der Synode tatsächlich behandelt? Man hört Unterschiedliches.

Wübbe: Missbrauch ist natürlich ein Thema, das sich durchträgt. Es muss auf jeden Fall im Schlussdokument vorkommen, auch einen Anklang finden im Brief, den die Synode an junge Menschen schreibt. Bei den anderen Themen ist die Bereitschaft, darüber zu diskutieren, sehr unterschiedlich. Das liegt aber auch an kulturellen Gegebenheiten.

Nichtsdestoweniger ist vielen klar, dass es über strittige Themen einen Dialog braucht. Sexualität, auch Homosexualität, Partnerschaft sind jungen Menschen wichtig. Wir müssen im Gespräch bleiben, unterschiedliche Positionen benennen und weiter den Dialog mit den Wissenschaften suchen. Es kann immer wieder Erkenntnisse der Humanwissenschaften geben, mit denen sich auseinanderzusetzen uns als Kirche gut tun kann.

KNA: Andernorts ist Gott noch selbstverständlicher als in Westeuropa. Er ist aber das Hauptthema der Kirche. Gab es hier neue Impulse, ihn jungen Menschen nahezubringen?

Wübbe: Ich habe mit einigen aus anderen Ländern gesprochen, wie sie mit Gott in Berührung gekommen sind. Etliche haben mir erzählt: «Ich habe mir mein Leben angeschaut, und dann gab es diesen oder jenen Begleiter, der mit mir darüber gesprochen hat: ob Gott eine Rolle spielt.» So stelle ich mir das für Deutschland vor. Natürlich sagen etliche, dass Gott für sie kein Thema sei. Es gibt aber auch sehr viele, die auf der Suche und offen sind für Transzendenz. Es liegt an uns, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Auch über unterschiedlichste Formen der Liturgie, in der das Leben der Menschen vorkommt und in der sie sich ernstgenommen fühlen. So etwas wird angenommen, und wir sollten weiter den Mut haben, da Unterschiedliches anzubieten.

Das Interview führte Roland Juchem.


Jugendliche bei Messe zur Eröffnung der Jugendsynode im Vatikan / © Paul Haring (KNA)
Jugendliche bei Messe zur Eröffnung der Jugendsynode im Vatikan / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA
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