Zwischenresümee des Welt-Bischofstreffens nach einer Woche

Jugendsynode in Rom startet ruhig, nennt aber heikle Themen

Im Gegensatz zur Familiensynode erwarteten manche von der Jugendsynode wenig. Sie könnten sich täuschen. Zwar ist bisher vieles noch vage, aber drängende Themen gibt es. Und nicht nur der Papst will von der Jugend lernen.

Autor/in:
Roland Juchem
Zuhörer bei der Jugendsynode / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Zuhörer bei der Jugendsynode / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

Dialog mit der Jugend auf Augenhöhe scheint Franziskus ernst zu sein: Als er am Wochenende die Bühne betritt, um Fragen von Jugendlichen zu beantworten, wendet er sich nicht nach vorne in die Halle, wo rund 5.500 Teilnehmer an seinen Lippen hängen. Vielmehr redet er seitlich nach hinten: Dort sitzen rund 100 junge Frauen und Männer, von denen einige zuvor Fragen gestellt hatten.

Papst überrascht

Wieder einmal legt Franziskus das vorbereitete Skript beiseite, spricht frei. Beim zweistündigen Synoden-Auftaktfest am Samstagabend tun die Regisseure alles, um Kritik zu zerstreuen, bei der Jugendsynode komme die Jugend nicht zu Wort, auch wenn es keine Diskussion untereinander gibt.

Schmissig und charismatisch inszeniert gibt es Musik- und Tanzeinlagen sowie persönliche Berichte über Erfahrungen als Kleinkrimineller in italienischen Gefängnissen, als Flüchtling aus dem Irak, Erlebnisse mit Internetpornografie, Drogen oder Krebs.

Stets geht es auch darum, wie Seelsorger und Glaube halfen, aus der Misere herauszufinden. "Das können die Italiener", meint ein Besucher von nördlich der Alpen, "aber für mich und unsere nüchterne Kultur ist das eher nichts". Eine Gruppe 15-Jähriger aus Gaeta südlich von Rom hingegen ist begeistert: "toll - sehr berührend ...". Die Kids gehören zu einer der geistlichen Gemeinschaften oder Schulen, die zu dem Fest in der vatikanischen Audienzhalle eingeladen wurden. Als der Papst später Skandale und Klerikalismus in der Kirche anprangert, klatschen sie lautstark.

"M-Wort" wird nicht umgangen

Strittige Themen werden bei der Synode von Beginn an beim Namen genannt. Eingeschärft wurden sie den Synodenteilnehmern auch durch Demonstrationen am Eröffnungstag rund um den Vatikan. Für kaum einen ist es denkbar, das "M-Wort" zu umgehen. Klar aber auch, dass Missbrauch und Vertuschung nicht das Einzige ist - nennt doch das Synoden-Arbeitsdokument, das schrittweise durchgearbeitet wird, genügend weitere Aspekte.

Mögliche Schwerpunkte und Kontroversen zeichnen sich in den ersten Tagen nur langsam ab: Neben sexuellen Übergriffen und deren Verheimlichung in der Kirche sind dies: Migration, Beteiligung von Frauen in der Kirche, Sexualität und Genderfragen, Formen und Bewertung von Berufung, Begleitung junger Menschen und deren Eigenständigkeit.

Was immer Missbrauch und Vertuschung begünstige, müsse geändert werden, fordert der BDKJ-Vorsitzende Thomas Andonie, der als Gasthörer aus Deutschland für junge Leute vor der Generalversammlung der Synode spricht. Er plädiert zudem, über die Rolle der Frau, das Thema Sexualmoral sowie die Begleitung junger Menschen nachzudenken.

Mikrofon abgedreht

US-Erzbischof Charles Chaput mahnt zu Achtsamkeit bei Formulierungen zur Sexualität in Kirchendokumenten; das Kürzel "LGBT" gehöre nicht dazu. Österreichs Jugendbischof Stephan Turnovszky ruft bei einer Predigt auf, bei dem für junge Menschen wichtigen Thema Sexualität müsse die Kirche genau hinhören und differenzieren.

Banguis Erzbischof Dieudonne Nzapalainga kritisiert vor Journalisten, dass junge Afrikaner auf der Flucht nach Europa "teilweise wie Tiere behandelt" würden. Kurienkardinal Giuseppe Versaldi verweist, nach dem Thema Migration befragt, sorgsam auf die unterschiedlichen Aufgaben der Kirche und des Staates.

In der Synodenaula musste gleich zu Beginn ein Kardinal schlucken, als nach den vorgegebenen vier Minuten sein Mikrofon abgedreht wird.

Das ist nicht jeder gewohnt. Zudem hat der Papst angeordnet, nach jeweils fünf Redebeiträgen drei Minuten zu schweigen - Gelegenheit, das Gehörte sorgsam zu bedenken. Die von ihm stets angemahnte Unterscheidung sei "kein Modebegriff dieses Pontifikats", sondern eine wichtige geistliche Methode.

Zeit des Kennenlernens

Noch geht es um Analysen und darum, sich kennenzulernen. Das ist in der elfköpfigen deutschsprachigen Kleingruppe nicht schwer. Neben den Bischöfen Felix Genn, Reinhard Marx, Stephan Oster und Johannes Wübbe sowie dem BDKJ-Vorsitzenden Andonie und dem Jesuiten Clemens Blattert aus Deutschland gehören ihr an: Wiens Erzbischof Christoph Schönborn sowie Jugendbischof Turnovszky, dessen Schweizer Kollege Alain de Raemy und Kurienkardinal Kurt Koch. Hinzugesellt hat sich der Bischof von Pilsen (Plzen), Tomas Holub. Genn moderiert die Gruppe, als Relator fasst Oster die Gesprächsergebnisse zusammen.

Nach der Analyse geht es ab Dienstagnachmittag darum, die Befunde aus christlicher Sicht zu bewerten. In der dritten Woche sollen dann konkrete Folgen und ein Abschlussdokument formuliert werden. Das könnte noch spannend werden, zumal wenn die Synodenväter es schaffen, ihre Anliegen zu konzentrieren.

 

Quelle:
KNA