Aktion Mensch begrüßt barrierefreies Gaming

Spiel und Spaß mit Handicap

850 Austeller zeigen derzeit auf der Gamescom ihre neuesten Spiele. Für die Gamer heißt das: Ran an die Joysticks und los geht´s. Aber was, wenn man seine Hände nicht bewegen kann und gar nicht so spielen kann?

Computer-Spiele sind oft nur mit beiden Händen möglich, aber was, wenn das nicht geht? / © Oliver Berg (dpa)
Computer-Spiele sind oft nur mit beiden Händen möglich, aber was, wenn das nicht geht? / © Oliver Berg ( dpa )

domradio.de: Es gibt ja vielfältige Behinderungsformen, zum Beispiel kann einer nicht gut sehen oder hören, der andere ist gelähmt und kann nur noch seinen Kopf bewegen. Wieder ein anderer kann die Spielabläufe nicht so schnell aufnehmen. Wie kann man diese individuellen Bedürfnisse bei der Entwicklung der Spiele am besten berücksichtigen?

Armin von Buttlar (Vorstand der Aktion Mensch): Ja, es gibt schon viele Möglichkeiten, wie man die Teilhabe dort steigern kann. Für die Menschen, die eine Beeinträchtigung der Sehkraft haben, gibt es zum Beispiel Bildschirmlupen, eine bessere Kontaktfähigkeit oder größere Schriftgrößen. Hörgeschädigten kann mit Untertiteln oder mit Symbolen geholfen werden.

domradio.de: Also das heißt, dass es doch Möglichkeiten für ein barrierefreies Spielen gibt?

Von Buttlar: Es gibt viele Möglichkeiten, die zum Teil auch genutzt werden, aber diese sind noch nicht ausreichend. Ich will ein Beispiel nennen: Viele Menschen, die eine spezielle Behinderung haben, brauchen einen angepassten Controller, sonst können sie nicht mitspielen.

domradio.de: Was ist ein Controller?

Von Buttlar: Das Gerät, mit dem man das Spiel bedient und steuert. Zu den bekanntesten Gamecontrollern gehören Joysticks – also der Steuerknüppel, der dem eines Autos oder Flugzeug nachempfunden wurde, oder Gamepads, die von der PlayStation bekannt sind und Lenkräder. Aber auch mit der Tastatur, Maus und dem Touchscreen können Spiele gesteuert werden.

Aber wenn jetzt zum Beispiel ein Mensch, der nur einen Arm hat, nicht in der Lage ist, mit zwei Controllern gleichzeitig zu spielen, dann braucht er einen speziellen Controller, an dem man auch die Tastenbelegung individuell einstellen kann und das ist lange noch nicht bei allen möglich.

Es gibt viele Konsole-Anbieter, die nur bestimmte Controller zulassen, so dass da eine Unvereinbarkeit besteht. Menschen sind dadurch ausgeschlossen, obwohl die Technologie vorhanden ist.

domradio.de: Wie offen ist die Spielindustrie denn, wenn es um barrierefreies Gaming geht?

Von Buttlar: Das ist sehr unterschiedlich, die großen, insbesondere amerikanischen, Anbieter sind da schon sehr weit. Das liegt daran, dass es in den USA auch eine andere Rechtslage gibt. Da muss das Thema schon viel weitgehender berücksichtigt werden. Aber der breite Markt ist da noch nicht sonderlich gut aufgestellt. Da ist noch viel Potenzial nach oben.

domradio.de: Es ist ja auf der anderen Seite so, dass viele Videospiele zunehmen, bei denen man sich besonders viel bewegen muss. Ist das ein Trend, der barrierefreiem Spielen entgegenwirkt? 

Von Buttlar: Das muss nicht so sein. Es gibt heute eine Mund-Maus und es gibt die Möglichkeit, die Computer per Augensteuerung zu führen. Wie gesagt, die Möglichkeit gibt es.

domradio.de: Also da steckt noch vieles in den Kinderschuhen. Wie engagieren sie sich auch als Aktion Mensch, um digitale Barrieren nachhaltig abzubauen?

Von Buttlar: Wir fördern viele Projekte, um Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Darunter sind bestimmte App-Entwicklungen, wir unterstützen die Barrierefreiheit von Webseiten und Anwendungen. Aber wir haben gestern mit Microsoft eine Kooperation gestartet, bei der wir dazu aufrufen, Ideen zu entwickeln, wie man durch digitale Lösungen Barrierefreiheit noch schneller und besser herstellen kann. Zudem werden wir im November mit Microsoft zusammen die besten Ideen auswählen. Von den eingereichten Vorschlägen werden bei einem sogenannten "Hackathon" rund 100 Software-Entwickler ein ganzes Wochenende daran arbeiten, daraus innovative technologische Lösungen und Anwendungen für mehr Teilhabe zu entwickeln.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR