Forscherin sieht Defizite bei Lehrern im Kampf gegen Judenhass

Jüdische Schüler als "eigentliches Problem"

Die Diskriminierungsforscherin Julia Bernstein sieht im Kampf gegen Judenhass an Schulen Defizite bei Lehrern. Das zeigen aktuelle Forschungsergebnisse. Mitunter werden jüdische Schüler als "eigentliches Problem" wahrgenommen.

Zwei Jungen mit Kippa / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Zwei Jungen mit Kippa / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

Jüngste Forschungsbefunde über den Antisemitismus an Schulen wiesen darauf hin, "dass er ausgerechnet dort besonders gedeiht, wo ihm Pädagogen entgegenzuwirken verpflichtet sind", schreibt Bernstein in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" (Donnerstag).

Antisemitismus wird bagatellisiert

"So konnte gezeigt werden, dass der Antisemitismus in der Schülerschaft von Lehrern häufig nicht erkannt oder bagatellisiert wird, jüdische Schüler mitunter als 'eigentliches Problem' wahrgenommen werden und antisemitische Einstellungen auch unter manchen Lehrern ausgeprägt sind."

Die Erklärung zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule, die am Freitag von der Kultusministerkonferenz veröffentlicht wird, benenne diese Probleme konkret, so Bernstein. Daran mitgewirkt habe auch der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Darin werden laut der Autorin einheitliche, die Schulart, das Schulfach, orts- und gruppenübergreifende Empfehlungen für einen pädagogischen Umgang mit Antisemitismus formuliert, Präventions- und Interventionsmaßnahmen aufgezeigt.

"Lehrer haben das Spezialwissen über alle Erscheinungsformen des Antisemitismus mitunter nicht und erkennen ihn nicht als solchen."

Das gelte insbesondere dann, wenn der Antisemitismus nicht offen gezeigt werde. Der auf Israel bezogene Antisemitismus werde "als zeitgemäß dominierende Erscheinungsform von vielen Lehrern nicht dem Problembereich zugerechnet, sondern als 'legitime Kritik' am jüdischen Staat verstanden".

Mechanismen des Antisemitismus offenlegen

Es gehe deshalb darum, Funktionen und Mechanismen des Antisemitismus offenzulegen, antisemitische Äußerungen klar zu widerlegen und in den politischen und sozialen Zusammenhang einzuordnen. "Die Schüler sollen dazu befähigt werden, antisemitische Äußerungen zu erkennen und zurückzuweisen."

Allerdings lasse sich Antisemitismus nicht einfach durch faktenbasierte Bildung oder bessere Argumente erledigen. Er schotte sich gegen Fakten, Widersprüche und als tief verankertes Ressentiment und geschlossenes Weltbild gegen Reflexion ab, "er funktioniert nicht trotz, sondern wegen seines irrationalen Charakters".

Bernstein hat die Professur zur Erforschung von Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences inne und an der gemeinsamen Erklärung des Zentralrats der Juden in Deutschland und der Kultusministerkonferenz mitgewirkt.


Quelle:
KNA