Nach Attacke vor Synagoge - Angreifer kommt in Unterbringung

"Schande für unser Land"

Nach der Attacke auf einen jüdischen Studenten vor der Hamburger Synagoge wird der Angreifer vorerst in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Vertreter aus Politik und Gesellschaft reagierten mit Entsetzen.

Trauer und Anteilnahme nach Angriff vor Hamburger Synagoge / © Jonas Walzberg (dpa)
Trauer und Anteilnahme nach Angriff vor Hamburger Synagoge / © Jonas Walzberg ( dpa )

Ein Haftrichter habe einen Unterbringungsbefehl gegen den 29-jährigen deutschen Tatverdächtigen mit kasachischen Wurzeln erlassen, sagte ein Sprecher der Hamburger Polizei am Montagnachmittag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Man gehe von einer mindestens eingeschränkten Schuldfähigkeit des mutmaßlichen Täters aus.

Zu einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland, wonach der Angreifer unter paranoider Schizophrenie leide, wollte der Sprecher keine Stellung nehmen. Die Hamburger Behörden schätzen die Tat derzeit nach eigenen Angaben als versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ein - mit mutmaßlich antisemitischem Hintergrund.

Angreifer griff mit Spaten an

Der in Bundeswehruniform gekleidete Angreifer hatte am Sonntag vor der Hamburger Synagoge einem 26-Jährigen mit einem Spaten eine schwere Kopfverletzung zugefügt. Der jüdische Student wollte gerade das Gelände der Synagoge betreten, wo eine Feier anlässlich des Jüdischen Laubhüttenfestes stattfinden sollte. Sicherheitskräfte konnten den Angreifer überwältigen.

Nach der Festnahme des Angreifers hatten die Ermittler laut Polizei in dessen Hosentasche einen Zettel mit einem handschriftlich gemalten Hakenkreuz gefunden. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung seien mehrere Datenträger sichergestellt worden. Ihre Auswertung dauere noch an. Bei der ersten Vernehmung habe der mutmaßliche Täter einen "extrem verwirrten Eindruck" gemacht und unter anderem von Dämonen gesprochen, so ein Polizeisprecher auf Nachfrage.

Besserer Schutz von jüdischen Einrichtungen gefordert

Bundesregierung, jüdische Organisationen und Vertreter von Politik und Religionen in Hamburg reagierten mit Entsetzen auf den Angriff. Sie forderten einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von einer "Schande für unser Land". Der Rechtsstaat müsse alles tun, um jüdisches Leben zu schützen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erklärte: "Hamburg steht fest an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger."

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sieht einen "tief sitzenden Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft". Der erneute Anschlag an einem jüdischen Feiertag mache noch einmal deutlich, wie wichtig eine Debatte über Antisemitismus, seine Hintergründe und die erforderlichen Gegenmaßnahmen sei, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Sicherheitspräsenz nicht ausreichend gewesen?

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: "Die Situation, dass Juden in Deutschland vermehrt zur Zielscheibe von Hass werden, darf niemanden in einem demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland kalt lassen."

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, forderte in New York, jüdische Einrichtungen müssten ausreichend Polizeischutz haben, so dass Juden ohne Angst und Belästigung ihren Glauben ausleben könnten. In Hamburg sei die Sicherheitspräsenz nicht ausreichend gewesen.

Das Hamburger Bündnis gegen Rechts erklärte sich solidarisch mit der Jüdischen Gemeinde. Es rief für den späten Montagnachmittag zu einer Mahnwache vor der Synagoge auf.


Quelle:
KNA