Antisemitismus-Forscher: Es fehlt an Widerspruch gegen Judenhass

Antisemitische Wahnvorstellungen und Vernichtungswillen

Nach Ansicht des Antisemitismus-Forschers Samuel Salzborn gibt es in Deutschland eine "'Normalisierung von Antisemitismus". Antisemitismus sei nicht nur eine Form von Diskriminierung, es handele sich um eine grundlegende Haltung zur Welt.

Jude auf einem jüdischen Friedhof / © Jean-Francois Badias (dpa)
Jude auf einem jüdischen Friedhof / © Jean-Francois Badias ( dpa )

Der "Welt am Sonntag" sagte der Wissenschaftler: "Es fehlt an hinreichendem Widerspruch gegen Antisemitismus, es fehlt an ernsthafter Ausgrenzung antisemitischer Positionen, und vor allem fehlt es an wirklicher strafrechtlicher Repression von Antisemitismus." Dies alles bereite den Boden für eine Zunahme von Judenhass und antisemitischer Gewalt.

Antisemitismus sei nicht nur eine Form von Diskriminierung neben anderen, so Salzborn weiter. Es handele sich um eine grundlegende Haltung zur Welt, mit der manche Menschen alles, was sie "nicht erklären können oder wollen, zu begreifen versuchen". Im Kern gehe es um eine Projektion: "Antisemiten unterstellen Jüdinnen und Juden, die Welt zu kontrollieren, weil sei selbst die Welt beherrschen wollen." Juden seien für sie "das Andere", das zerstört werden müsse.

Repression und Sanktion

In der Folge gebe es zum einen "die antisemitische Wahnvorstellung von einer jüdischen Weltverschwörung" und zum anderen einen unbedingten "Vernichtungswillen, der so weit geht, Jüdinnen und Juden zu entmenschlichen". Dieses Weltbild, so der Forscher, sei für etliche Menschen attraktiv, weil es scheinbar vieles erkläre, was sie nicht verstehen könnten oder wollten: "Für Antisemitismus ist ja sehr zentral die Unfähigkeit oder Unwilligkeit, abstrakt zu denken."

Antisemiten interessierten sich nicht für Fakten, ergänzte Salzborn. Zwar komme niemand als Antisemit auf die Welt; doch wenn ein judenfeindliches Weltbild erst einmal geschlossen sei, sei es "nicht mehr aufklärbar". Dann könnten nur noch Repression und Sanktion helfen. Bis dahin gebe es allerdings viele Möglichkeiten, einem solchen Denken und Fühlen entgegenzuwirken. Bei Kindern und Jugendlichen seien daher Aufklärung und Bildung gegen Judenfeindlichkeit enorm wichtig.


Quelle:
KNA