Expertin gegen Wiederaufbau der Hamburger Synagoge

Kulturzentrum statt Synagoge?

Soll die zerstörte Synagoge in Hamburg wieder aufgebaut werden? Das wäre ein falsches Zeichen, sagt die Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden. Die Vergagnegnheit könne nicht "künstlich wiederhergestellt" werden

Symbolbild: Mahnwache vor Zeichnung der ehemaligen Hamburger Synagoge / © Christian Charisius (dpa)
Symbolbild: Mahnwache vor Zeichnung der ehemaligen Hamburger Synagoge / © Christian Charisius ( dpa )

In der Debatte über einen Wiederaufbau von Hamburgs einst größter Synagoge zeigt sich die Direktorin des Hamburger Instituts für die Geschichte der deutschen Juden, Miriam Rürup, skeptisch. „Dass es eine Initiative zur Stärkung des jüdischen Lebens gibt, finde ich wunderbar. Offenbar scheint man aber der Fantasie anzuhängen, dass man durch den Wiederaufbau einer prächtigen Synagoge an eine Vergangenheit nahtlos anknüpfen kann, die zerstört wurde und die sich nicht wiederherstellen lässt“, sagte sie im Interview des „Spiegel“ (Samstag).

Die Gemeinde sei seinerzeit von den Nationalsozialisten ausgelöscht worden. „Dieser neue Plan reiht sich für mich in eine lange Serie von Bemühungen ein, die Vergangenheit künstlich wiederherzustellen, denken Sie nur an die Garnisonkirche in Potsdam“, betonte Rürup.

Dort, wo die Synagoge einst stand, sei nun ein „beeindruckendes Mahnmal“, das 1988 von der Stadt und der jüdischen Gemeinde aufgebaut worden sei. „Dieses Bodenmosaik vermittelt eine kleine Ahnung davon, wie groß dieses 1906 fertiggestellte Gebäude einst gewesen ist.“

Rürup: "Wiederaufbau das falsche Signal"

Es sei gut, nach dem Anschlag auf eine Synagoge in Halle im vergangenen Jahr ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen, betonte die Expertin. „Aber um ein starkes Zeichen für jüdisches Leben heute zu setzen, wäre die Wiedererrichtung des Vorkriegsbaus das falsche Signal“. Wenn man jüdische Gegenwart dokumentieren wolle, solle man das auch baulich ausdrücken. „Man könnte zum Beispiel nach München schauen, nach Dresden oder nach Mannheim, wo moderne Synagogen entstanden sind.“

Ein jüdisches Kulturzentrum, das „offen für alle wäre, für die weltlichen Juden ebenso wie für die gläubigen, die liberalen und die orthodoxen, dann klingt das schon wieder spannender“, sagte Rürup.

„Aber das hat dann in so einer rückwärtsgewandten Architektur nichts verloren.“


Quelle:
KNA