Thüringens Juden besorgt über Antisemitismus an Schulen

"Klischees und Vorurteile werden stärker"

Die Juden in Thüringen sind in Sorge über einen zunehmenden arabischen Judenhass an Schulen. Eine Ursache dafür ist laut dem Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, die zeitliche Distanz zum Holocaust.

Junge mit Kippa (dpa)
Junge mit Kippa / ( dpa )

"Solange der muslimische Antisemitismus in Deutschland keine große Rolle gespielt hat, mussten Lehrer nicht unbedingt über den sehr komplizierten Nahost-Konflikt und seine Folgen Bescheid wissen", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, der Thüringischen Landeszeitung (Donnerstag). Jetzt sei dieser Konflikt in Deutschland angekommen. "Und viele Lehrer verstehen immer noch nicht, welche Probleme das für Juden bedeutet."

Wer wolle es einer jüdischen Schülerin "verdenken, dass sie sich nicht offen dazu bekennt, Jüdin zu sein, wenn sie in einer Klasse mit mehreren arabischen Mitschülern sitzt", fragte Schramm. Auch wenn Juden im Freistaat "noch ruhiger leben als in Berlin", seien sie vorsichtiger geworden, ihren Glauben öffentlich zu zeigen.

Schramm: Ursache ist zeitliche Distanz zum Holocaust

"Natürlich hat es Auswirkungen, wenn zu den einzelnen arabischen Antisemiten, die in Thüringen schon länger gelebt haben, nun plötzlich noch viel mehr arabische Antisemiten hinzukommen." Insgesamt sei die Judenfeindlichkeit in Deutschland "breiter" geworden, so Schramm: "Wir haben den Antisemitismus von rechts, von links und den muslimischen - und der rechte Antisemitismus ist stärker in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen."

Als eine der Ursachen dafür sieht Schramm eine zunehmende zeitliche Distanz zum Holocaust: "Nun, da die Erinnerung an diesen Massenmord immer mehr verblasst, auch weil die letzten Zeitzeugen sterben, werden diese Klischees und Vorurteile wieder stärker." Ein weiterer Grund sei das Wiedererstarken des Nationalismus in vielen Ländern Europas.

 

Quelle:
KNA