Deutsch-israelisches Songprojekt soll musikalisch Brücken bauen

Singen, als wäre es das letzte Mal

Zwei Länder, zwei Bands, ein halbes Dutzend Musiker, wenige Tage Probezeit: Die beiden Folkbands "Jona Bird" und "Jonz" stellen Samstagnacht in Tel Aviv ihr gemeinsames Projekt vor.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Yoav Or von der Band "Jonz" spielt eine Bouzouki / © Andrea Krogmann (KNA)
Yoav Or von der Band "Jonz" spielt eine Bouzouki / © Andrea Krogmann ( KNA )

"I keep telling my heart to forgive": Wie ein Mantra singen Jenia Vasilenko und Jonas Birthelmer dieselbe Zeile. Sie experimentieren mit den Akkorden, testen den Rhythmus. Wieder und wieder, bis jeder Ton sitzt. Fine-Tuning ist angesagt, bevor die deutsche Folkband "Jona Bird" und die israelische Folkgruppe "Jonz" ihr Kooperationsdebüt ins Studio und schließlich Samstagnacht vors Publikum bringen: Ein Lied über das Hören auf das eigene Herz, über Liebe und über das Verzeihen.

Das "Papaito" ist ein quirliger Ort. Die Bar in einem Industriegebiet im Tel Aviver Süden gehört an diesem Tag israelischen Größen wie Popsängerin Rita. Musik verschiedenster Genres tönt durch das verschachtelte Gebäude. Wer gerad nicht auf einer der Probebühnen steht, nutzt den ruhigeren Innenhof für ein schnelles Mittagessen.

"Im Raum ist viel Talent"

Dass selbst bei geschlossener Tür die Bässe von nebenan in den Proberaum dringen, scheint bei "Jona Bird" und "Jonz" niemanden zu stören. Die sechs Musiker arbeiten konzentriert. Das Banjo flirtet mit der Bouzouki, der rhythmische Sound geht ins Ohr.

Bis zur Studioaufnahme sollen mit Harfe, Saxophon und Geige noch weitere Instrumente hinzukommen. "Im Raum ist viel Talent", sagt "Jonz"-Sängerin Vasilenko. "Das muss austariert werden, in einen Zen-Modus gebracht werden." Ihr Partner und "Jonz"-Mitbegründer Yoav Or ergänzt: "Einen Song zu entwickeln – das ist, als würde man mit einem Raumschiff ins All fliegen: Alles soll funktionieren. Aber wissen tust Du es nie." Und eines, sagen die Musiker aus Deutschland und Israel, lasse sich sowieso nicht produzieren: die Ausstrahlung.

Vergebung, Liebe und Mitgefühl

"Das Werkzeug für den Vibe sind wir Musiker", so Vasilenko. "Wir sind das Werkzeug für Vergebung, Liebe und Mitgefühl." "Wie weit kann das Herz eines Mannes sehen?", singt die Künstlerin.

Das Freundschaftsbändchen an ihrem nackten Fuß schwingt im sanften Takt der Melodie. "Sag mir, was Du siehst, wenn Du Deine Augen schließt", singt Birthelmer von "Jona Bird". Eine Zeile auf Hebräisch, eine Zeile auf Deutsch, der Refrain auf Englisch: Das deutsch-israelische Projekt kommt mit schlichten Mitteln aus. "Statt vieler Worte für wenige Menschen haben wir uns für wenige Worte entschieden, damit sie von möglichst vielen Menschen verstanden werden", sagt Yoav Or. Birthelmer, der Zivildienst und Studium in Israel absolviert hat, nennt das "einen Fluss aus einem Ozean machen".

"Ihr müsst singen"

Von der Stimme in der Seele, die die Liebe wachsen sehen will, handelt der Refrain. Nicht intensiv genug sei der Klang, meint Birthelmer. "Ihr müsst singen, als wäre es der letzte Chorus überhaupt. Wenn wir es nicht fühlen, wer dann?" Yoav Ors Antwort, ein intensives Banjo-Impro, ist dem Deutschen zu viel. "Zu griechisch", findet er. Und so arbeiten die Bands weiter, als würden sie sich seit Jahren kennen.

Dabei hat erst eine Anfrage der Deutschen Botschaft in Tel Aviv die beiden Gruppen im Sommer zusammengebracht. Der deutsch-israelische Song ist Teil der Sonderprojekte, mit denen die Botschaft den 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels würdigt. Als "universellste aller Sprachen" soll die Musik Brücken bauen zwischen Menschen und Kulturen und das gegenseitige Kennenlernen ermöglichen, erläutert die Botschaft ihre Idee.

Universell und ohne Ego

Ein Lied über Deutschland, Israel und die Versöhnung wollten sie aber explizit nicht schreiben, sagen die Musiker. "Eher etwas Universelles, das alle Menschen anspricht", soll der Song laut Frontmann Birthelmer werden. "Der Song ist über Menschen. Er transportiert ein Gefühl. Wenn wir von 'Jonz' und 'Jona Bird' dieses Gefühl fühlen, können es andere möglicherweise auch", mutmaßt der Interpret.

Eines hingegen fühlen die Mitglieder von "Jonz" und "Jona Bird" nicht: "Wir haben kein Ego, wenn es um das Songmaterial geht", versichert Yoav Or. Der Song, so die Musiker, entstehe zwischen den beiden Bands und brauche beide. Das Lied ohne den jeweils anderen zu spielen, "würde die Energie verändern". Vielleicht, hofft Or, springt der Funke auf andere über: "Wenn andere Musiker das Lied aufnehmen und singen - das wäre ein richtig gutes Geschenk."


Quelle:
KNA