Das Saarland bekommt einen Antisemitismusbeauftragten

Präsident des Verfassungsgerichtshofes soll übernehmen

Das Saarland bekommt einen Antisemitismusbeauftragten. Die rheinische Kirche begrüßt die Entscheidung. Dem schließt sich die Synagogengemeinde Saar an, warnt aber auch vor zu großen Erwartungen.

Antisemitismus: Juden in Deutschland sehen wachsende Bedrohung / © Arne Dedert (dpa)
Antisemitismus: Juden in Deutschland sehen wachsende Bedrohung / © Arne Dedert ( dpa )

Die Synagogengemeinde Saar begrüßt die geplante Einsetzung eines ehrenamtlichen Antisemitismusbeauftragten im Saarland. Mit dem Präsidenten des Verfassungsgerichthofes des Saarlandes, Roland Rixecker, sei eine erstklassige Wahl getroffen worden, sagte der Vorstandsvorsitzende Richard Bermann in Saarbrücken.

Die Regierungsfraktionen SPD und CDU hatten am Montag angekündigt, einen dafür nötigen Gesetzesentwurf im Präsidium des Landtags einzubringen, um in der kommenden Woche in der Plenarsitzung darüber entscheiden zu können.

Posten ein "enormer Kraftakt"

"Der Antisemitismusbeauftragte wird sich, will er der Komplexität des Themas gerecht werden, dem Judenhass der Neonazis, Rechtspopulisten, Islamisten, linksextremen 'Antizionisten', türkischen Nationalisten und vieler weiterer fanatischer und gutbürgerlicher Milieus entgegenstellen müssen", erklärte die Synagogengemeinde. Ein solcher Posten sei ein enormer Kraftakt. Zudem sei er nicht zum Nulltarif zu haben, "soll er nicht nur als Abladestelle für das schlechte Gewissen von Politik und Gesellschaft dienen".

Der neue Beauftragte müsse sich mit zivilgesellschaftlichen Initiativen vernetzten, mit der Wissenschaft zusammenarbeiten und enge Kontakte mit Polizei, Staats- und Verfassungsschutz halten.

Erwartungen gedämpft

"Auch darf man keine allzu großen Erwartungen damit verknüpfen", erklärte die Synagogengemeinde. Antisemitismus gebe es seit über 2.000 Jahren. Er sei lediglich eine zeitlang nicht wahrnehmbar gewesen. "Nun verschlimmert sich die Lage zusehends durch den importierten Antisemitismus aus muslimischen Ländern", hieß es.

Der Landtag besetzt das öffentliche Amt nach Angaben der Staatskanzlei für die Dauer einer Legislaturperiode, der jeweilige Landtagspräsident ernennt den Beauftragten. Die saarländische Regelung sei einzigartig, da in bisher keinem anderen Bundesland die Bestellung und die Arbeit des Antisemitismusbeauftragten gesetzlich geregelt und der Landtag in dieser Weise beteiligt sei, hieß es.

Landtagspräsident Stephan Toscani (CDU), erklärte, dass dies die besondere Stellung des Beauftragten unterstreiche. Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) bezeichnete die Einrichtung des Amtes als klares Zeichen gegen Hass und Diskriminierung.

Präses Rekowski begrüßt Entscheidung

Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, begrüßte die geplante Einsetzung des Antisemitismusbeauftragten. Damit greife die Politik seine im Januar erhobene Forderung auf und setze in zeitlicher Nähe zum 80. Jahrestag der Pogromnacht ein "deutliches Zeichen im Kampf gegen Antisemitismus", sagte der oberste Geistliche der zweitgrößten Landeskirche in Düsseldorf. "Dass Juden und Jüdinnen in Deutschland ohne Angst leben können sollen, gehört zu unserer christlichen Identität."

Die evangelischen Kirchen im Saarland hatten im Februar erstmals einen Antisemitismusbeauftragten gefordert. Hierzu hatte sich der Beauftragte der Evangelischen Kirchen im Saarland, Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann, in Briefen an die Regierungsfraktionen CDU und SPD gewandt. Die Entscheidung für Rixecker sei eine "ausgesprochen glückliche Wahl", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag.

Hofmann, der auch Sprecher der "Landesarbeitsgemeinschaft Erinnerungsarbeit im Saarland" (LAG) ist, sagte, es sei wichtig, dass der Beauftragte an den Landtag angebunden ist. Dadurch sei eine größere Unabhängigkeit möglich. Wünschenswert wäre auch ein Beirat zum Austausch zwischen dem Beauftragten und Akteuren, die bereits an dem Thema arbeiteten. Der Antisemitismusbeauftragte müsse allerdings selbst entscheiden, ob er dies wolle, sagte Hofmann.


Quelle:
epd