Wiedereröffnung in Tabgha

Einfach mal Danke sagen

Seitdem vor zwei Jahren das Kloster Tabgha am See Genezareth durch einen Brandanschlag zum Teil zerstört wurde, blieb die Pilgerstätte geschlossen. Am Sonntag wird es wiedereröffnet. Mit dabei ist unter anderem Pater Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei in Jerusalem.

Brandanschlag in Tabgha (dpa)
Brandanschlag in Tabgha / ( dpa )

domradio.de: Das Kloster Tabgha ist von großer Bedeutung: Hier soll die Brotvermehrung stattgefunden haben. Die Bilder von den Auswirkungen des Anschlags sind noch immer präsent. Wie sieht es denn heute, 20 Monate danach, in Tabgha aus?

Nikodemus Schnabel (OSB, Prior-Administrator der Dormitio-Abtei Jerusalem): Zum Glück sieht es hier mittlerweile anders aus. Wir hatten auch nie das Ziel in einer Art Märtyrergedenkstätte zu wohnen, in der wir der Welt immer darlegen, was hier Schlimmes passiert ist. Natürlich ist das, was geschehen ist schlimm, das muss man so sagen. Ich denke auch, dass das Ereignis noch lange in den Seelen der Brüder, die vor Ort waren, den Brand mitbekommen haben und zum Teil mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus mussten, noch lange nachwirken wird. Die Wunden werden wohl lange brauchen, um zu heilen. Wenn man aber heute nach Tabgha kommt, ist der Ort wieder wunderschön hergerichtet. Das war aber auch ein Kraftakt!

Wir haben ein Jahr auf eine Baugenehmigung warten müssen und jetzt haben wir innerhalb von acht Monaten alles wieder aufbauen können. Wir haben wieder einen freundlichen Eingangsbereich, das Atrium. Das heißt, es gibt wieder eine Klosterpforte und es gibt im Divan die Möglichkeit, dass sich eine Gruppe mit einem Mönch zusammensetzen kann, zum Beispiel zu einem Seelsorge- oder Beichtgespräch. Der Klosterladen hat wieder auf. Das heißt: Wir können jetzt, Gott sei Dank, wieder ein Ort sein, der sich freundlich zeigt, wenn Pilger ankommen.

domradio.de: Was genau wurde gemacht?

Schnabel: Dieser Brand war verheerend, das muss man ganz deutlich sagen. Nur durch ein Wunder, nur durch Gottes Schutz, wurde verhindert, dass die Kirche abgebrannt ist. Wir haben Gott sei Dank Glück im Unglück gehabt, denn es ist nur das Atrium abgebrannt - wobei man "nur" in Anführungsstriche setzen muss: Der gesamte Klosterladen war betroffen, die Klosterpforte, das Stuhllager, der Divan - das war schon eine enorme Sache. Den ersten Schätzungen nach lag ein Gesamtschaden in Höhe von 1,6 Millionen Euro vor. Jetzt sieht man, dass es wohl nicht ganz so viel ist. Der reine Wiederaufbau hat eine knappe Million Euro gekostet. Da kommen aber noch weitere Posten dazu, so dass wir aktuell bei etwa 1,3 Millionen Euro sind. Die Zahl steht aber noch nicht endgültig fest.

Das alles ist größtenteils durch Spenden finanziert, was sehr berührend ist, weil Tabgha ja der Ort der Brotvermehrung ist. Hier wird das Geheimnis deutlich: Wenn alle teilen, werden alle satt und wenn alle ein bisschen spenden, kann man diesen Ort wieder aufbauen. Das fand ich sehr berührend, genauso wie, dass es sich nicht nur um christliche Spender aus Deutschland handelt, sondern auch um jüdische, muslimische, drusische Spender und einheimische Spender, die sagen: "Ihr habt da so ein Paradies, so einen schönen Ort, wie kann man auf diesen Ort einen Brandanschlag verüben? Das geht uns so unter die Haut, da wollen wir helfen."

domradio.de: Zeigt die Spendenbereitschaft auch, wie wichtig dieser Ort nicht nur den Christen, sondern auch den Menschen vor Ort ist?

Schnabel: Tabgha ist tief verankert in der Gesellschaft: Tabgha ist sehr bekannt, auch weltweit. Viele, die selbst noch nicht da waren, kennen dennoch unser berühmtes Mosaik unter dem Altar - die zwei Fische und den Brotkorb - das Bild prangt ja auf vielen Bibelausgaben. Pilger aus der ganzen Welt lieben unseren Ort, auch weil die Kirche sehr schlicht ist, dafür aber einen wunderschönen Fußboden hat. Und wir sind im Land auch bekannt: Durch unsere Arbeit in Tabgha kennen uns sowohl Israelis als auch Palästinenser. Wir haben eine Jugend- und Behindertenbegegnungsstätte, das Beit Noah, wo israelisch-palästinensische behinderte Jugendliche zusammen Freizeit verbringen können. Wir haben einen Pool, eine Minigolfanlage, einen Streichelzoo. Es ist wirklich ein Paradies, das wir hier vorwiesen dürfen und das teilen wir mit denen, die am Rande stehen. Durch diese Arbeit, die auf beiden Seiten hoch geschätzt wird, sind wir auch im Land sehr bekannt.

domradio.de: Zur Wiedereröffnung am Sonntag wird Kardinal Rainer Woelki anreisen und auch Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat sich angekündigt. Wie genau wird die Einweihung ablaufen?

Schnabel: Das ist eine spannende Sache. Wir freuen uns sehr, dass der Staatspräsident Israels dabei sein wird. Es ist ja auch ein Ausdruck von Wertschätzung. Er war übrigens auch kurz nach dem Brand da, um seine Solidarität zu bekunden. Natürlich bedeutet sein Besuch auf der anderen Seite auch einen unglaublichen Aufwand an Sicherheitsvorkehrungen. Wenn der Staatspräsident kommt, ist nichts unkompliziert. Da bin ich selbst noch gespannt, wie es vor Ort ablaufen wird. Ansonsten ist zuerst eine Eucharistiefeier zusammen mit Kardinal Woelki vorgesehen, der Präsident des Deutschen Vereins vom Heiligen Land ist und in dieser Funktion in Tabgha sein wird.

Denn unser Klostergebäude gehört dem Deutschen Verein vom Heiligen Land. Nach dem Gottesdienst wird es Reden geben, wobei diese angesichts der Anwesenheit des Präsidenten sehr kurz ausfallen werden. Der deutsche Botschafter wird ein, zwei Sätze sagen; ich gehe davon aus, das sich als Oberer der Gemeinschaft, etwas sagen werde und dass der Kardinal ein paar Worte verlauten wird, de facto wird aber Präsident Rivlin sprechen. Danach wird es eine liturgische Segnungsfeier geben. Das bedeutet, dass die Räume wieder eingeweiht werden. Es wird ein Gebet über sie gesprochen und danach gibt es eine Begegnung für alle. Denn ursprünglich - und das ist der Kern der ganzen Feier - soll es eine Dankesfeier sein für alle, die uns unterstützt haben: die vielen Spender, die Bauarbeiter, die, die mit aufgeräumt haben, die, die uns beigestanden haben. Die Feier soll ein großes Dankeschön von uns Mönchen sein, die wir nach diesem ersten Schock über den Hass eine unglaublich starke Welle der Solidarität und der Liebe gespürt haben. Dafür wollen wir danke sagen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Pater Nikodemus Schnabel / © Stefanie Järkel (dpa)
Pater Nikodemus Schnabel / © Stefanie Järkel ( dpa )
Quelle:
DR