Jüdischer Zentralratspräsident grundsätzlich für Zuwanderung

"Sicherheitsgefühl war aber schon größer"

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hält Zuwanderung grundsätzlich für positiv. Sie bereichere und weite den Blick. Als Beispiel nannte er die jüdischen Gemeinden in Deutschland.

Josef Schuster (dpa)
Josef Schuster / ( dpa )

Das sagte er am Dienstagabend in München. Die heute knapp 100.000 Mitglieder hätten zu rund 90 Prozent ihre Wurzeln in der früheren Sowjetunion. Die Kinder dieser Zuwanderer seien mittlerweile vollständig integriert. Doch diese Integration habe eine Generation gedauert.

"Sicherheitsgefühl war schon größer"

Das jüdische Leben in Deutschland könne aber nicht losgelöst von Europa betrachtet werden, so der Zentralratspräsident. Es sei auch begleitet von Gefahren. Schuster verwies auf die Anschläge in jüngerer Zeit. Sehr oft wählten Terroristen bewusst jüdische Einrichtungen als Ziel aus. "Diese fanatischen Islamisten sind eben auch fanatische Judenhasser." Es nutze nichts, vor dieser Tatsache die Augen zu verschließen. "Wir Juden fühlen uns in Deutschland sicher. Das Sicherheitsgefühl war aber schon größer."

Sorge über Sozialisation der Flüchtlinge

In diesem Zusammenhang brachte der Präsident auch seine Sorge über die Sozialisation der Flüchtlinge zum Ausdruck. Jene, die in so großer Zahl seit dem vergangenen Jahr Zuflucht in Deutschland suchten, kämen überwiegend aus Staaten, die mit Israel tief verfeindet seien. Dort stünden antisemitische Machwerke in den Buchhandlungen, Israel fehle auf den Landkarten. Auch antisemitische Fernsehserien seien in diesen Ländern normal. Wer mit einem solchen Feindbild aufgewachsen sei, lege es nicht einfach beim Grenzübertritt ab.

Laut Schuster bedeutet dies, "dass wir die Flüchtlinge nicht nur generell mit unseren Grundrechten, wie etwa der Religionsfreiheit, vertraut machen müssen". Vielmehr müssten diese Menschen emotional erreicht werden. Sie sollten verinnerlichen, dass die Menschenwürde universell gelte, auch für Juden, und sie hätten sich einzugestehen, in Teilen mit einem falschen Weltbild durchs Leben gegangen zu sein. Das sei schwer und erfordere vor allem Zeit.

Lob für christliche Kirchen

Zugleich lobte Schuster alle, besonders Mitglieder der christlichen Kirchen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagierten. Mit seinen kritischen Anmerkungen wolle er ihnen weder den Elan nehmen noch sehe er ihr Engagement skeptisch. Vielmehr sollte das ganze Land den Kirchen dankbar sein für ihren Einsatz. Viele Flüchtlingsunterkünfte funktionierten nur, weil kirchliche Sozial- und Wohlfahrtsverbände die Träger seien und die ehrenamtliche Hilfe organisiert hätten. - Schuster äußerte sich in der Katholischen Akademie in Bayern.


Quelle:
KNA