Gauck gedenkt der Opfer des 9. November 1938

Zuzug von Juden "Geschenk für uns Deutsche"

Gemeinsam mit Vertretern der jüdischen Gemeinde hat der Bundespräsident im brandenburgischen Oranienburg an die Judenpogrome vom 9. November 1938 erinnert. Gauck sprach von einer schönen Begegnung an einem "dunklen Tag".

Bundespräsident Joachim Gauck gedenkt der Opfer der Reichspogromnacht / © Bernd Settnik (dpa)
Bundespräsident Joachim Gauck gedenkt der Opfer der Reichspogromnacht / © Bernd Settnik ( dpa )

In Oranienburg bei Berlin legte das Staatsoberhaupt am Montag vor rund 150 Besuchern einen Kranz nieder. Begleitet wurde er von Vertretern der jüdischen Gemeinde, des Landes Brandenburg, der Stadt sowie von Parteien und Verbänden. Bei der Gedenkstunde am Denkmal für ein im Zweiten Weltkrieg zerstörtes Bethaus trug Gauck eine jüdische Kippa.

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November vor 77 Jahren waren in Deutschland und Österreich mehr als 1.300 Menschen getötet und mindestens 1.400 Synagogen zerstört worden. Auch die Oranienburger Synagoge wurde verwüstet, bevor sie 1944 durch einen Bombenangriff komplett zerstört wurde. Historikern gilt die Pogromnacht heute als das Datum, an dem die Nationalsozialisten zur offenen Gewalt gegen Juden übergingen.

Erinnerung hochhalten

Nach einem Treffen mit Angehörigen der städtischen jüdischen Gemeinde bezeichnete Gauck die offene Verfolgung und Ermordung von Juden vor 77 Jahren als "furchtbaren Kulturbruch". Am 9. November 1938 sei eine Eskalationsstufe erreicht worden, die vielen den Schrecken in die Glieder getrieben habe. Die Reichspogromnacht sei der Beginn des staatlich organisierten Massenmords der Nationalsozialisten an den Juden gewesen. "Daran sollten wir erinnern, das sollten wir nicht vergessen", mahnte das Staatsoberhaupt.

Nach Oranienburg sei er gekommen, weil es dort eine relativ junge jüdische Gemeinde gebe, erklärte der Bundespräsident. Dass heute wieder Juden nach Deutschland kämen und hier leben wollten, "ist ein Geschenk für uns Deutsche", betonte das Staatsoberhaupt. Es gebe "eine Gesundung, so etwas wie eine Heilung" und es sei schön zu sehen, wie die Gemeinde sich selbst organisiere und aufbaue. Das Treffen sei "an solch einem dunklen Tag eine schöne Begegnung" gewesen, sagte Gauck.

Zu dem in der aktuellen Flüchtlingsdebatte von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ins Gespräch gebrachten Vorschlag, den Familiennachzug für Asylbewerber aus Syrien zu begrenzen, wollte sich der Bundespräsident nicht äußern. Er wolle aber daran erinnern, dass Flucht und Vertreibung das Schicksal der Deutschen auf Jahrzehnte bestimmt hätten. Die Deutschen wüssten, was es heiße, fliehen zu müssen und Schutz zu benötigen, betonte Gauck und resümierte: "Dass wir aufnahmebereit bleiben, das steht fest, das gehört zu unserer Kultur."


Quelle:
epd