Bundespräsident Gauck wendet sich an Israels Präsident Peres

Diplomatie in der Beschneidungsdebatte

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich in der Debatte um religiös motivierte Jungenbeschneidungen an Israels Präsident Schimon Peres gewandt. In einem Antwortschreiben an Peres betonte Gauck, ihm liege viel daran, dass die Lebens- und Glaubenswelt der Juden in Deutschland geschützt sei und religiöse Traditionen gelebt werden könnten.

 (DR)

Das Bundespräsidialamt bestätigte am Donnerstag das Schreiben. Peres hatte Gauck zuvor in einem Brief geschrieben, dass die Beschneidung von Jungen "seit tausenden von Jahren zentral für die jüdische Identität ist und einen Juden ausmacht".



Berliner Regelung stößt auf Kritik

Unterdessen stieß die neue Regelung des Landes Berlin zu Jungenbeschneidungen auf scharfe Kritik. So wandte sich Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse in der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag) gegen die Bedingung, dass die Eltern ihren jüdischen oder muslimischen Glauben nachweisen müssen. Dies widerspreche der im Grundgesetz festgeschriebenen Bekenntnisfreiheit.



Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, begrüßte die Regelung zwar als Signal zugunsten der Religionsfreiheit. "Aber die konkrete Zwischenlösung hilft uns nicht weiter", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Danach müssten die jüdischen Beschneider sich nach einem Eingriff einer Einzelfallprüfung und möglicherweise einem Ermittlungsverfahren unterziehen. "Ich frage mich also, worin für uns die Verbesserung liegt", sagte Kramer.



"Nicht in der Absicht, aber im Ergebnis antisemitisch"

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, bezeichnete die Regelung in der "Bild"-Zeitung als "nicht in der Absicht, aber im Ergebnis antisemitisch". Auf Beschneidungen spezialisierte Ärzte würden nur dann von allen Juden akzeptiert, wenn sie jüdisch seien und koscher lebten. In Berlin gebe es solche Ärzte möglicherweise, in kleineren jüdischen Gemeinden in Deutschland aber sicher nicht. Auch die Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin wertete die Senatsregelung als "flagrante Einmischung in die über 3.000 Jahre alten Traditionen des Judentums".



Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) hatte die Übergangsregelung am Mittwoch vorgestellt. Bis zur bundeseinheitlichen Klärung werden Beschneidungen danach unter bestimmten Bedingungen strafrechtlich nicht verfolgt. So ist Voraussetzung, dass beide Elternteile oder Sorgeberechtigten schriftlich eingewilligt haben. Zuvor müssen sie über die gesundheitlichen Risiken aufgeklärt werden.



Eine weitere Auflage ist, dass die Eltern die religiöse Motivation und Notwendigkeit einer Beschneidung nachweisen, die vor der Religionsmündigkeit des Kindes stattfindet. Zudem muss nach medizinischen Standards beschnitten werden, vor allem in steriler Umgebung, mit größtmöglicher Schmerzfreiheit und blutstillender Versorgung. Der Chefarzt im Berliner Jüdischen Krankenhauses, Kristof Graf, zeigte sich "sehr zufrieden mit der Lösung".