Vatikan startet Gesprächsinitiative mit Atheisten

Premiere in Paris

Im Land der strikten Trennung von Staat und Kirche startet jetzt eine neue Gesprächsinitiative der katholischen Kirche mit Atheisten. In Paris wird der "Vorhof der Völker" eröffnet. Mit dem Namen "Vorhof der Völker" beabsichtigt der Vatikan, den Blick auf einen Bereich des Tempels von Jerusalem zu lenken, wo Juden mit Nichtjuden diskutierten.

 (DR)

Der am päpstlichen Kulturrat angesiedelte "Vorhof der Völker" nimmt am Donnerstag mit einem Festakt am Sitz der UNESCO in Paris offiziell seine Arbeit auf. Gesprächsrunden über "Religion, Licht der Vernunft" sind in der Sorbonne, im katholischen Collège des Bernardins und im renommierten Institut de France geplant. Mit einem Festakt auf dem Platz vor der Kathedrale Notre Dame wird am Freitagabend die Eröffnung abgeschlossen. Eine Ansprache des Papstes soll über einen Großbildschirm auf dem Platz übertragen werden.



Dialog auf Anregung von Papst Benedikt XVI.

Auf Anregung von Papst Benedikt XVI. hat die Kirche die neue Initiative für den Dialog gestartet. Vom Päpstlichen Rat für Kultur unter dem Vorsitz von Gianfranco Kardinal Ravasi angestoßen, soll eine neue Initiative des Austausches und der gemeinsamen Aktionen von Gläubigen und Nichtgläubigen entstehen. Sie soll helfen, den bereits seit Jahrzehnten bestehenden interreligiösen Dialog zu "vervollständigen", so Kardinal Ravasi.



Ziel sei es, zu den großen Fragen der menschlichen Existenz, die in der Gesellschaft diskutiert werden, durch gemeinsame rationale Reflektionen beizutragen. Kardinal Ravasi betonte, es gehe darum, die Trennmauern zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen abzubauen.



Paris: Sinnbild der Laizität

Über das große Interesse an der Dialogveranstaltung ist Ravasi überrascht. Zumal die Veranstaltung in der französischen Hauptstadt stattfindet, die ein Sinnbild der Laizität, der strikten Trennung von Staat und Kirche, ist. Ein Drittel der Franzosen sagten bei einer EU-weiten Erhebung vor einigen Jahren, dass sie nicht an einen Gott glauben. Damit weist Frankreich den höchsten Anteil an Religionslosen im europäischen Vergleich auf.



Die Begegnung in Paris sei nicht als "neutraler Kongress" angelegt, sagt Ravasi weiter. Es werde auch leidenschaftliche Zeugnisse geben. Die Gesprächspartner, die der Vatikan eingeladen hat, sind zumeist Diplomaten, Kulturschaffende und Angehörige der renommierten französischen Akademien. Auch Politiker befinden sich darunter, wie etwa der frühere italienische Regierungschef Giuliano Amato.



Tirana und Chicago gelten als mögliche Orte für eine Fortsetzung

Nach der Premiere in Paris soll es weitere Gesprächsrunden geben. Die albanische Hauptstadt Tirana aber auch Chicago werden als mögliche Orte für eine Fortsetzung genannt. Ravasi hält ein Treffen mit Atheisten auch in Stockholm für denkbar, dann aber unter Beteiligung lutherischer Theologen und Christen.



Papst Benedikt XVI. hatte sich in seiner Ansprache während des Weihnachtsempfangs für die Römische Kurie 2009 für einen vertieften Dialog mit dem Atheismus ausgesprochen. Für diese Aufgabe war früher der Päpstliche Rat für die Nichtglaubenden zuständig, der 1993 mit dem päpstlichen Kulturrat zusammengelegt wurde. Seither hat eine Abteilung im Kulturrat diese Aufgabe übernommen. Der Päpstliche Rat für die Nichtglaubenden geht auf Papst Paul VI. (1963-1978) zurück, der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) ein "Sekretariat für die Nichtglaubenden" eingerichtet hatte.