In Frankreich streiten Regierung und Kirche nach Judenvergleich weiter

Roma und die richtige Sichtweise

Der Streit zwischen Katholiken und Regierung in Frankreich um den Umgang mit Roma hält an. Premierminister Francois Fillon macht der Kirche nun schwere Vorwürfe. Dabei geht es vor allem um den Vergleich mit der Judenpolitik während des Zweiten Weltkrieges.

 (DR)

Es sei ein schwerer Fehler, die Abschiebungen und Räumungen illegaler Roma-Lager mit dem Umgang der Vichy-Regierung mit den Juden im Zweiten Weltkrieg zu vergleichen, sagte Fillon am Montag im Rundfunk. "Das ist ein Fehler mit Blick auf die Geschichte und mit Blick auf die jüdische Gemeinschaft", so Fillon.



Ende vergangener Woche hatte der Erzbischof von Toulouse, Robert Le Gall, eine Parallele zwischen den Judendeportationen und dem Umgang mit den Roma gezogen. Bei einer Diözesanwallfahrt nach Lourdes verlas er ein Schreiben seines Amtsvorgängers Jules-Geraud Saliege von 1942, in dem dieser zum Schutz der Juden aufrief. "Die Roma sind unsere Brüder wie viele andere auch", sagte Le Gall dazu.



Auch Bildungsminister und Regierungssprecher Luc Chatel äußerte sich schockiert über Le Galls Äußerungen. Eine Regierung müsse die Gesetze anwenden; die Kirche solle Vorschläge unterbreiten. Der Glauben sei nicht das Gesetz, so Chatel am Sonntagabend im Rundfunksender RTL.



Rücktrittsgedanken bei Außenminister

Außenminister Bernard Kouchner räumte unterdessen ein, er habe angesichts des Umgangs mit den Roma erstmals seit seinem Eintritt in die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy 2007 an Rücktritt gedacht. Der ehemalige Sozialist sagte am Montag im Sender RTL, das Bild Frankreichs im Ausland habe gelitten. Allerdings würde sein Rücktritt niemandem nützen. Kouchner beklagte die Lebensbedingungen, denen die Roma ausgesetzt seien.



Die Anfang August begonnen Räumungen illegaler Roma-Lager sowie die Abschiebung von Roma vor allem nach Rumänien und Bulgarien waren sowohl von der Kirche als auch der Opposition sowie auch innerhalb des Regierungslagers kritisiert worden.

Mehr zum Thema