Zentralrat der Juden warnt vor wachsendem Antisemitismus

"Die Tabubrüche mehren sich"

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, sieht den Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen. "Die Sensibilität im Umgang mit den Verbrechen an Juden hat abgenommen", sagt Charlotte Knobloch der Tageszeitung "Die Welt". Beispiel dafür seien die Auftritte der ARD-Satiriker Harald Schmidt und Oliver Pocher, die ein sogenanntes "Nazometer" bei Begriffen wie "Gasherd" und "Dusche" anspringen ließen. "Die Tabubrüche mehren sich", sagte Knobloch.

 (DR)

Die Zentralrats-Präsidentin wirft der Politik Lethargie im Umgang mit dem wachsenden Antisemitismus in Deutschland vor. «Es wird viel geredet, aber wenig gehandelt», sagte sie. Als Beispiel dafür nannte sie die fehlenden Reaktionen auf die jüngsten Äußerungen von NPD-Chef Udo Voigt, der in einem Gespräch mit iranischen Journalisten den Holocaust verharmlost hatte.

Für den Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung in Berlin, Wolfgang Benz, ist der Antisemitismus in Deutschland auch dem mangelnden Wissen über das Judentum geschuldet. «Für viele Deutsche bilden die Juden eine geheime ausländische Macht, die auf Kosten der Mehrheit lebt. Solche Verschwörungstheorien geistern durch die Köpfe der Menschen», sagt er.

Bis Oktober dieses Jahres hat das Bundesinnenministerium bereits mehr als 700 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund, 125 davon allein in Berlin, erfasst. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben Propagandadelikte wie das Beschmieren von Gedenkstätten mit Nazi-Symbolen und Gewalttaten zugenommen.