Diskussion um Umgang der Politik nach Hetzjagd von Sachsen - Polizei erkennt keinen Rechts-Hintergrund

Anders sein ist gefährlich

Die Diskussion um rechte Gewalt in Ostdeutschland hält nach der Hetzjagd auf Inder im sächsischen Mügeln weiter an. Der Zentralrat der Juden warnt vor der Entstehung so genannter No-Go-Areas. Die indische Botschaft in Deutschland fordert eine zügige Untersuchung des Vorfalls. Man erwarte außerdem, dass die deutschen Behörden Vorkehrungen träfen, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholten.

 (DR)

Der Zentralrats-Generalsekretär Kramer sagte in der "Netzeitung", es gebe immer die gleichen Vorfälle und die stets gleichen Stellungnahmen der politischen Vertreter. Allerdings ändere sich nichts im Kampf gegen Rechts. Kramer warnt davor, sich als Ausländer in bestimmten ostdeutschen Landstrichen oder Städten niederzulassen. Das sei keine Hysterie, sondern bittere Tatsache.

Zivilgesellschaft gefragt
Heinz Joachim Lohmann, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Wittstock/Ruppin und Vorsitzender des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Land Brandenburg fordert im domradio, nicht nur die Politik, die ganze Zivilgesellschaft müsse gegen Rechtsexttremismus vorgehen.

Diese Gewalttaten passierten vor allem am Wochenende und träfen nicht nur Ausländer. Jeder, der anders ist, sei gefährdet. Tragisch sei, dass die Bürger nicht eingeschritten sind. Es gäbe wahrscheinlich erst einmal einen Angstreflex. "Man muss sowas auch üben", sagt Heinz Joachim Lohmann im domradio-Interview.

Ein ignoriertes Problem
"Ich finde es am schlimmsten, dass die Leute dabei gestanden und die Hilfe unterlassen haben und sogar applaudieren. Das ist eine ganz besonders perfide Form von Hass", findet Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung im domradio-Interview. Diese Tatsache sei geradezu "gruselig".

Rechtsradikalismus sei in dieser Region ein Problem, das ignoriert werde, sagt Anetta Kahane. Man müsse anfangen, sich damit zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. "Wenn man das nicht macht, findet man auch keine Heilung", so Kahane.

Menschen fühlen sich als Verlierer
Viele Menschen in der Region um Mügeln fühlen sich nach Ansicht des evangelischen Jugendpfarrers Hans-Jörg Rummel als Verlierer. "Wir haben es hier mit hoher Arbeitslosigkeit und starker Abwanderung zu tun", sagte der Pfarrer.

"Wer sich schwach fühlt, neigt offenbar dazu, in seinem Frust auf noch Schwächere wie Ausländer loszugehen", Das sei eine mögliche Erklärung, aber keinesfalls eine Entschuldigung für diese Gewalt, verurteilte der 42-jährige Theologe die Ausschreitungen.

Rechtsradikalismus muss benannt werden
Es gebe bei einigen Menschen in der Region durchaus rechtsextreme und ausländerfeindliche Einstellungen, sagte Rummel, der auch Gemeindepfarrer im Nachbarort Naundorf ist. "Das betrifft eine Minderheit." Aber es seien nicht nur Jugendliche, sondern auch Ältere.

Rummel betonte, es sei "keine Schande, ein Problem zu benennen, um es dann gemeinsam anzupacken". Als Beispiel nannte er einen "Runden Tisch", an dem Akteure aus der Region beraten sollten, wie sie gemeinsam Zivilcourage und Demokratie stärken könnten.

Indische Botschaft fordert Aufklärung
Die indische Botschafterin in Deutschland, Meera Shankar, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochausgabe), sie sei "sehr besorgt" wegen der Hetzjagd auf mehrere Landsleute. "Es muss sichergestellt werden, dass sich so ein Ereignis nicht wiederholt", betonte die Botschafterin. Dies sei im Interesse der deutsch-indischen Beziehungen. Die Botschaft wollte noch am Dienstag einen Mitarbeiter nach Sachsen schicken, um mit den betroffenen Indern sowie den zuständigen sächsischen Behörden zu sprechen.