Vorsitzender der Berliner Jüdischen Gemeinde will "tägliches Bedrohungsgefühl" vermitteln

"Kippa-Test" für Nichtjuden?

Nach dem Brandanschlag auf einen jüdischen Kindergarten hat der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, Nichtjuden aufgefordert, einen "Kippa-Test" zu machen. Damit ließe sich "das tägliche Bedrohungsgefühl" eines in Deutschland lebenden Juden nachempfinden, sagte Joffe der "Frankfurter Rundschau" (Mittwochausgabe). "Nicht-Juden sollten sich einfach mal eine Kippa (runde Kopfbedeckung) auf den Kopf setzen oder einen Davidstern an die Kette hängen. Es wird nicht lange dauern, und sie werden Erfahrungen gemacht haben mit Antisemitismus."

 (DR)

Anschläge wie der auf den Kindergarten in Berlin-Charlottenburg sorgten in seiner Gemeinde für "ein permanentes Gefühl der Unsicherheit". Viele Juden in Berlin würden daher die sichtbaren Insignien ihres Glaubens verbergen, betonte Joffe, und stattdessen ein "bewusstes, aber anonymes Judentum" pflegen.

Am Sonntag hatten Unbekannte durch ein eingeschlagenes Fenster der Kita eine Leuchtfackel in einen Raum geschleudert, die jedoch erlosch, ohne größeren Schaden anzurichten. Menschenleben waren nicht in Gefahr, da sich zum Zeitpunkt des Anschlags niemand in dem Gebäude aufhielt. Außerdem wurde die Einrichtung mit antisemitischen Schmierereien verunstaltet.

Toleranz- und Solidaritätsgebet am Donnerstag
Für Donnerstag riefen die Jüdische Gemeinde und Chabad Lubawitsch zu einem Toleranz- und Solidaritätsgebet auf. Erwartet würden dazu auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, sowie Vertreter des diplomatischen Corps. Mit dem Gebet soll nach dem Wunsch der Initiatoren ein Zeichen für Toleranz und Völkerverständigung gesetzt werden, um eine positive Zukunft für alle Menschen zu sichern.