Kardinal Meisner zur Familienpolitik

Drei Fragen, drei Antworten

Ein Interview mit dem Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner in der Stuttgarter Zeitung schlägt hohe Wellen. Online-Portale melden "Kardinal Meisners 11. Gebot (gilt nur für Frauen): Bleibt zu Hause und bekommt Kinder" oder "Meisner will Familie statt Zuwanderung". Zur Versachlichung der Debatte hier die Aussagen im Wortlaut.

Joachim Kardinal Meisner (dpa)
Joachim Kardinal Meisner / ( dpa )

Ganztagsschulen und Kinderkrippen sind Ihnen ein Dorn im Auge?
Nein, aber es wäre doch für die Gesellschaft besser, ein Klima zu schaffen, in dem Frauen mehr Kinder zur Welt bringen. Das heißt: den hohen Wert der Familie mit Mutter und Vater für die Kinder bewusst machen. Natürlich gilt es, die materielle Sicherheit der Frau, auch für ihre spätere Rente, dabei zu gewährleisten. Ich habe ja die ganze einseitige Tragik schon mal mitgemacht in der DDR. Dort hat man den Frauen eingeredet, wer wegen der Familie zu Hause bleibe, sei dement. Weil man Produktionskräfte brauchte, wurde die Kinderkrippe erfunden. Dazu sagte ein sozialistischer Pädagoge: „Die Kinderkrippe ist in der Bibel ein Provisorium, und wir haben eine ständige Einrichtung daraus gemacht.“

Aber Frauen wollen sich doch selbst im Beruf verwirklichen.
Nicht alle. Wo werden denn Frauen wirklich öffentlich ermutigt, zu Hause zu bleiben und drei, vier Kinder auf die Welt zu bringen? Hier müsste man einsetzen und nicht – wie es jetzt Frau Merkel tut – nur die Zuwanderung als Lösung unserer Demografieprobleme präsentieren. Wir können doch den Portugiesen und Spaniern nicht die Jugend und damit die Zukunft ihres Landes wegnehmen, nur aus Egoismus. Wir sollten diese Arbeitslosen zwar ausbilden und ihnen so eine Perspektive geben, aber sie dann auch wieder in ihre Heimat gehen lassen, wo sie gebraucht werden.

Mit Ihrer Schelte der aktuellen Familienpolitik stoßen Sie die Mehrheit der Bürger vor den Kopf.
Ich habe mich nie nach dem Mainstream, sondern immer nach dem Evangelium gerichtet. Das Evangelium ist nicht immer bequem, auch nicht für mich. Im Übrigen reflektiere ich nicht zuerst darüber, wie etwas ankommt. Ich rede, wo es sein muss, sei es gelegen oder ungelegen. Es geht um die Botschaft nicht um den Boten. Und da bin ich manchmal ganz verzweifelt. Denn aus meinen Predigten wird in manchen Zeitungen nie die Glaubensbotschaft zitiert.

 

Quelle: Stuttgarter Zeitung