Gedenken an Massaker von Srebrenica

Appelle zu Versöhnung

Der 11. Juli markiert den Tag, an dem der Völkermord an über 8.100 muslimischen Männern und Jungen durch serbische Verbände begann. 25 Jahre danach scheint eine Versöhnung zwischen Serben und Bosniaken immer noch schwierig.

Autor/in:
Von Joachim Heinz
Gedenkfriedhof für die Opfer des Massaker in Srebrenica 1995 / © Kemal Softic (dpa)
Gedenkfriedhof für die Opfer des Massaker in Srebrenica 1995 / © Kemal Softic ( dpa )

Die Folgen der Corona-Pandemie sowie Spannungen in Bosnien-Herzegowina überschatten das Gedenken an den 25. Jahrestag des Massakers von Srebrenica. "Das Gedenken an die Opfer dieses schwersten Verbrechens gegen die Menschlichkeit seit dem Zweiten Weltkrieg im Herzen Europas ist auch im 25. Jahr unvermindert wichtig", teilte die Bundesregierung in Berlin mit. "Dieser Genozid mahnt uns, entschlossen gegen jegliche Art von Diskriminierung vorzugehen, damit sich solche Ereignisse nie mehr wiederholen, nicht nur auf dem Westlichen Balkan."

Erster Völkermord nach 1945

An der Neuen Wache in Berlin erinnerten am 10. Juli auf Initiative der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Politiker, Menschenrechtler und Vertreter von Religionsgemeinschaften mit einer Kranzniederlegung an die Ermordung Tausender Bosniaken im Sommer 1995. Bei dem Massaker in dem ostbosnischen Ort Srebrenica waren vom 11. Juli 1995 an mehr als 8 .100 muslimische Männer und Jungen von serbischen Verbänden ermordet worden. Die im Bosnienkrieg (1992-1995) verübte Gräueltat gilt als der erste Völkermord auf europäischem Boden seit 1945.

In Genf sprach UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet von schmerzhaften Erinnerungen. Die Narben seien noch lange nicht verheilt. Sie rief die Politiker in Bosnien-Herzegowina zu Empathie, gegenseitigem Respekt und Unterstützung der Opfer und Überlebenden auf.

Gedenken unter Corona-Bedingungen

Die Beisetzung von acht Opfern des Massakers ist für den 11. Juli 2020 im Srebrenica Memorial Center vorgesehen, deren Gebeine in den zurückliegenden Monaten identifiziert worden waren. Ursprünglich hatten die Organisatoren dazu bis zu 100.000 Menschen erwartet. Angesichts der Corona-Pandemie rechnen die Verantwortlichen mit deutlichen Einschränkungen. Das gilt auch für einen Friedensmarsch, an dem ursprünglich 10.000 Menschen teilnehmen sollten.

Schwierige Versöhnung

Unterdessen mehren sich die Warnungen vor neuen Verwerfungen zwischen Serben und Bosniaken in Bosnien-Herzegowina. Es sei eine "traurige Realität", dass Versöhnung weiter entfernt scheine als noch vor zehn Jahren, sagte der belgische Jurist Serge Brammertz der Deutschen Welle. Dies liege vor allem daran, dass die Tendenz zunehme, Kriegsverbrecher zu verherrlichen und den Völkermord zu verharmlosen, so der frühere Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag.

Ähnlich hatte sich zuvor bereits die Münchner Historikerin Marie-Janine Calic geäußert. In der Republika Srpska seien immer noch Schulen nach Ratko Mladic und anderen Kriegsverbrechern benannt, sagte Calic. "Andererseits ist das Massaker unter den Bosniaken zu einem Ursprungsmythos geworden", erläuterte die Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Wer aber seine nationale Identität auf einen Genozid aufbaut, kann zu Versöhnung nicht bereit sein."


Quelle:
KNA