Frauenrechtlerin kritisiert Verharmlosung von Islamisten

Ates: "Wir wollen einen liberalen Islam"

Es gebe muslimische Migranten und Organisation, die rechts von der AfD stehen, sagt die Frauenrechtlerin Seyran Ates. Gleichzeitig verachteten sie die deutsche Identität. Das dürften die etablierten Parteien nicht länger ignorieren.

Islamisten verteilen in Berlin kostenlose Koran-Exemplare / © Britta Pedersen (dpa)
Islamisten verteilen in Berlin kostenlose Koran-Exemplare / © Britta Pedersen ( dpa )

Die Frauenrechtlerin und Gründerin der liberalen Moschee in Berlin, Seyran Ates, wendet sich gegen eine Verharmlosung von Islamisten. "Es gibt muslimische Migranten und Organisationen wie die Muslimbrüder, die in manchen Belangen sogar rechts von der AfD stehen. Dafür sind Teile aus dem linken Milieu blind", kritisierte Ates in einem Interview der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Die Ursache für die Existenz der AfD sehe sie darin, "dass die etablierten Parteien Themen wie die Migration lange verpennt haben".

Ates beklagte: "Ich kann nicht mehr hören, dass die islamische Identität von einigen gefeiert wird, die aber gleichzeitig die deutschen Identitären - natürlich zu Recht - verachten. Dabei bemerken sie nicht, wie ähnlich, auch was das Frauenbild betrifft, beide Gruppen sich sind."

Verständnis für Islamisten fragwürdig

Die Frauenrechtlerin erinnerte an die 68er. Sie hätten sich aufgelehnt "gegen die Generation ihrer Eltern, gegen Politiker, Juristen, gegen Entscheidungsträger aus der Nazizeit, die nach dem Krieg immer noch da waren". Ausgerechnet diese Menschen hätten "plötzlich Verständnis für Islamisten".

Die in Istanbul geborene Ates, die in den 1980er Jahren ein Attentat überlebt hatte und unter Polizeischutz steht, bekräftigte ihre Kritik am Kopftuch. "Der Islam kennt gar keine religiösen Symbole. Theologisch betrachtet ist die Diskussion schon deshalb schräg."

Kritik an Kopftuch-Zwang

Ihr selbst habe in der Schule der evangelische Religionsunterricht mit dem Satz "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" Kraft gegeben. Ates betonte: "Was ich gewissen Feministinnen oder Linken vorwerfe, ist, dass sie die Sexualisierung in der Werbung oder in Filmen scharf kritisieren, aber wenn es um das Kopftuch geht, vor einer Einschränkung der Religionsfreiheit warnen."

Auf die Frage, wie sie den gesellschaftlichen Wandel des Islam erreichen wolle, sagte Ates: "Wir machen es ein bisschen wie die 68er. Wir fordern unsere Eltern heraus. Wir wollen einen liberalen Islam. Wir wollen über das Schicksal der Armenier oder die Unterdrückung der Kurden sprechen."

Revolution unter der Oberfläche

Die Zahl der Menschen, die sich gegen den politischen Islam wenden, steige weltweit. "Im Iran und auch in der Türkei findet unter der Oberfläche beispielsweise längst eine sexuelle Revolution statt. Die Leute sehnen sich nach Freiheit. Auch in Katar, Saudi-Arabien oder in Nordafrika."


Schülerin mit Kopftuch / © Andre Zelck (KNA)
Schülerin mit Kopftuch / © Andre Zelck ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema