Nachrichtenarchiv 01.01.2004 00:00

Die Situation der Frauen in den Favelas

 (DR)

Ein Besuch bei der wöchentlichen Milchverteilung des Regierungsprogramms vivaleite, zeigt ungeschminkt die brasilianische Realität: Junge Frauen, oftmals von Krankheit gezeichnet, stehen in einer nicht enden wollenden Schlange an und warten auf ihre Milchration: zwei Liter Frischmilch für ihre Kinder.
Es ist die Kolpingsfamilie Vila Dirce im Gemeindekreis Carapicuíba im Westen São Paulos, die im Auftrag der Regierung zwei Mal die Woche an bis zu 200 Familien das eiweißreiche Getränk für Familien mit Kindern unter sechs Jahren ausgibt.
Eine davon ist Regina da Silva Santos, die mit ihren vier Kindern in unmittelbarer Nachbarschaft in einer selbst zusammen gezimmerten Bretterbude lebt, wo sie auf dem Boden schlafen müssen. Sie haben keinen eigenen Wasseranschluss und die Kinder wachsen zwischen Unrat und Ungeziefer auf. Wie die anderen Frauen in der Schlange weiß sie, dass die Kolpingsfamilie ein umfassendes Programm anbietet, das von Friseurkursen über Näherei und Kochkurse bis zu Computerschulungen reicht. Doch keine der Frauen aus dem Milchprogramm hat sich dort jemals blicken lassen. Der Grund hierfür ist in der fehlenden Selbstachtung dieser jungen Mütter zu suchen, die einfach nur resigniert haben und keinen Mut mehr für Hoffnung auf Veränderung aufbringen können.
Genau hier möchte die Kolpingsfamilie Vila Dirce ansetzen: In besonderen Gesprächskreisen mit geschulten weiblichen Psychologen, Pädagogen und Frauenärzten sollen diese Frauen erstmals in ihrem Leben die Möglichkeit erhalten, über sich, ihre Herkunft und ihre Zukunft zu sprechen, mit anderen Frauen aus gleichen Verhältnissen Vertrauen aufzubauen und berufliche Pläne zu formulieren. Dabei werden sie in kreativen Bastel- und Malkursen ihre noch verborgenen Talente suchen, in Kochseminaren Wissenswertes über gesunde Ernährung erfahren, ein Gefühl zu ihrem Körper und zu Hygiene entwickeln und sich endlich als angenommener Mensch fühlen dürfen. Dann werden sie auch in der Lage sein, das hoch effiziente Kolpingprogramm anzunehmen und in Fortbildungskursen erste berufliche Qualifikationen zu erwerben.
Um diese zukunftsgerichteten Resozialisierungsprogramme anbieten zu können, bedarf es nicht viel: Die Räume für diese Therapiekurse sind vorhanden, Bastel- und Spielmaterial sowie die Zutaten für die täglichen Mahlzeiten im Rahmen des Programms kann die Kolpingsfamilie besorgen. Allein die Anstellung von Betreuerinnen und medizinischem Fachpersonal muss noch gedeckt werden - maximal 300 Euro monatlich pro Person.

Ein Text von Von Martin J. Rüber, Kolping International

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