Wegen Nähe zum Erdogan-Regime hält NRW Distanz zum Islamverband

Ditib gerät ins Visier des Verfassungsschutzes

NRW-Ministerpräsident Laschet hat dem türkischen Präsidenten einen Korb gegeben und eröffnet nicht die Kölner Moschee mit ihm. Offenbar entschied sich Laschet auf Basis eines Dossiers des Verfassungsschutzes.

Kölner Zentralmoschee von Ditib / © Oliver Berg (dpa)
Kölner Zentralmoschee von Ditib / © Oliver Berg ( dpa )

Armin Laschet hat die Reißleine gezogen und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Absage erteilt. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident werde an der Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee in Köln Ende September nicht teilnehmen, ließ dessen Regierungssprecher Anfang dieser Woche verlauten.

Zuvor hatte sich Erdogan in Istanbul damit gebrüstet, die neue Großmoschee des deutsch-türkischen Moscheeverbandes Ditib am 29. September gemeinsam mit dem NRW-Regierungschef zu eröffnen. Der CDU-Politiker dementierte prompt und gab dem türkischen Staatschef einen Korb: "Dafür steht der Ministerpräsident nicht zur Verfügung." Eine Ditib-Moschee sei "nicht der geeignete Ort" für einen von ihm angestrebten "offenen Austausch und kritischen Dialog".

Koordination von rund 900 Moscheen bundesweit

Zuvor hatte Laschet offenbar über ein als vertraulich eingestuftes Dossier des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) an die Bundesländer mit Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen der Ditib erfahren. Darin geht es auch um eine mögliche Beobachtung des umstrittenen Moscheeverbandes wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten.

Die Ditib koordiniert mit ihrer Zentrale in Köln bundesweit etwa 900 Moscheen und untersteht der Aufsicht der türkischen Religionsbehörde Diyanet in der türkischen Hauptstadt Ankara. Im Zusammenhang mit der türkischen Militäroperation in Nordsyrien hat der BfV offenkundig festgestellt, dass einzelne Moscheegemeinden der Ditib verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten.

Die NRW-Landesregierung liegt bereits seit 2016 mit der Ditib über Kreuz. Damals hatte im bevölkerungsreichsten Bundesland mit 1,5 Millionen Muslimen bereits die rot-grüne Koalition sämtliche Kontakte zu dem Moscheeverband eingefroren.

Kinder-Comic verherrlichte Märtyrertod

Ditib-Imame waren seinerzeit beschuldigt worden, im Auftrag der Diyanet türkische Regimegegner in Moscheen in NRW bespitzelt und Informationen etwa über die von Erdogan bekämpfte Gülen-Bewegung an die türkischen Konsulate geliefert zu haben.

Daraufhin wurde im NRW-Justizministerium für alle in der Gefängnisseelsorge tätigen Imame eine Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz angeordnet. Das NRW-Innenministerium beendete seine Kooperation mit der Ditib bei der Salafismus-Prävention wegen eines Kinder-Comics, mit dem der Verband den Märtyrertod verherrlicht.

Die neue schwarz-gelbe Landesregierung unter Laschet hat diesen kompromisslosen Kurs gegenüber der Ditib unverändert fortgesetzt. Zuletzt hatte sich der Landtag damit befasst, dass Kinder in einigen Ditib-Gemeinden in Ostwestfalen in Uniformen und mit türkischen Fahnen Kriegsszenen nachspielen sollten.

Zusammenarbeit mit Ditib ruht 

Wie die Düsseldorfer Staatskanzlei auf Anfrage mitteilte, sind von der NRW-Landesregierung seit 2016 keine Projekte der Ditib mehr gefördert worden. Die Zusammenarbeit mit dem Moscheeverband im Bereich der Integration ruhe derzeit.

Auch im Rahmen der Salafismus-Prävention finde weiterhin keine Kooperation statt. In den Haftanstalten seien kaum noch Ditib-Imame tätig, da sie eine "erweiterte Sicherheitsüberprüfung" verweigerten.

NRW-Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) appellierte dieser Tage an die Muslime, ihre Interessenvertretung künftig in Konkurrenz zu der in den Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit geratenen Ditib zu organisieren. "Es wäre ein tolles Zeichen, wenn sich die liberalen Muslime in unserem Land organisieren."

Von Johannes Nitschmann


Quelle:
KNA
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