Verfassungsschutz nimmt offenbar Ditib ins Visier

Beobachtungsobjekt, ja oder nein?

Seit längerem ist der Moscheenverband Ditib umstritten. Erst kürzlich geriet er in Kritik, da er im Auftrag der türkischen Regierung in Deutschland bespitzeln soll. Nun will offenbar der Verfassungsschutz prüfen, ob eine Beobachtung nötig ist.

Infomaterial des DITIB-Dachverbandes / © Julia Ratchke (KNA)
Infomaterial des DITIB-Dachverbandes / © Julia Ratchke ( KNA )

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft offenbar die Beobachtung des größten deutschen Moscheeverbandes Ditib. Das Amt habe den Bundesländern ein als vertraulich eingestuftes Dossier mit Informationen über den deutsch-türkischen Moscheeverband gesandt, berichten "Süddeutsche Zeitung" (SZ), NDR und WDR. Die Länder sollen demnach bis Mitte Oktober Material und eine Stellungnahme übermitteln, hieß es.

In Kreisen des Verfassungsschutzes wird laut den Medienberichten eine kontroverse Debatte darüber erwartet, ob Ditib offiziell als Verdachtsfall oder sogar als Beobachtungsobjekt eingestuft werden soll. Zumindest einige Länder scheinen dagegen Vorbehalte zu haben, hieß es. Nur beim Bundesamt für Verfassungsschutz werde Ditib bereits jetzt als Prüffall geführt, so SZ, NDR und WDR.

Als Beobachtungsobjekt würde sich einiges ändern

Das Bundesinnenministerium wollte sich demnach auf Anfrage der drei Redaktionen nicht äußern. Stattdessen habe es mitgeteilt, dass "einzelnen Ditib-Moschee-Gemeinden zurechenbare Personen verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten".

Die Ditib mit Sitz in Köln koordiniert als Dachverband etwa 900 Moscheen in Deutschland; über viele Jahre galt der Verband als wichtiger Ansprechpartner in Glaubens- und Integrationsfragen und profitierte von staatlicher Förderung. Er ist Mitglied der deutschen Islamkonferenz. Würde er als Beobachtungsobjekt eingestuft, müsste er trotz seiner überragenden Bedeutung das Gremium wohl verlassen, so NDR, WDR und SZ.

Kurswechsel bei Ditib beobachtet

Seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei im Juli 2016 beobachten deutsche Sicherheitsbehörden einen Kurswechsel bei Ditib. Unter anderem ermittelte der Generalbundesanwalt gegen Ditib-Imame wegen des Verdachts der Bespitzelung von in Deutschland lebenden Gegnern der türkischen Staatsführung. Der Auftrag für die Bespitzelung soll von der türkischen Religionsbehörde "Diyanet" gekommen sein.

Kommende Woche wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einem Staatsbesuch in Berlin erwartet. Dabei wird er Ditib zufolge auch die Zentralmoschee am Sitz des Verbandes in Köln besuchen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte am Mittwoch Darstellungen widersprochen, er werde auch an dem Termin teilnehmen, der laut Ditib als offizielle Einweihung des im Juni 2017 in Betrieb genommenen Zentrums dienen soll. (KNA)


Quelle:
KNA
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