Kaufbeurer stimmen über den Neubau einer Moschee ab

Zweiter Bürgerentscheid dieser Art

Soll ihre Stadt dem örtlichen Türkisch-Islamischen Kulturverein ein Grundstück zum Moscheebau geben? Darüber entscheiden nun die Einwohner Kaufbeurens. Auch Kirchenvertreter positionieren sich.

Gläubiger beim Gebet in einer Moschee / © Harald Oppitz (KNA)
Gläubiger beim Gebet in einer Moschee / © Harald Oppitz ( KNA )

Es ist bloß eine grüne Wiese, doch manche sehen ihretwegen rot: Auf einem 5.000-Quadratmeter-Grundstück im Gewerbegebiet Untere Au im Norden Kaufbeurens könnte eine neue Moschee für rund 400 Gläubige entstehen. Bauen will sie der örtliche Ableger des bundesweit aktiven türkisch-islamischen Religionsvereins Ditib. Die bisherige Moschee in einem Wohngebiet sei zu klein geworden. Zwei bis drei Millionen Euro soll das Projekt laut dem Kaufbeurer Ditib-Chef Osman Öztürk kosten, finanzieren wolle man es durch Eigenleistung und Spenden. Wenn es je dazu kommt. Denn am Sonntag gibt es einen Bürgerentscheid.

Die Kaufbeurer können wählen, ob ihre Stadt Ditib das Grundstück zur Verfügung stellen soll oder nicht. Geplant ist eine Überlassung per Erbbaurechtsvertrag für maximal 99 Jahre. Sollte es auf dem Areal Hass-Aufrufe oder Ähnliches geben, kann die Stadt den "Heimfall" verlangen.

Bundsweit erst zweite Abstimmung

Laut dem Verein "Mehr Demokratie" kam es in Deutschland erst einmal zu einer solchen Abstimmung über einen Moscheebau: 2002 votierte demnach im hessischen Schlüchtern eine Mehrheit für das Gotteshaus. Etwa zehn weitere ähnliche Bürgerbegehren seien nicht zum Entscheid zugelassen worden.

Für einen Erfolg des Entscheids in der Kommune im Ostallgäu braucht es laut Stadtsprecherin Andrea Hiemer mehr Ja- als Nein-Stimmen bei einer Beteiligung von mindestens 20 Prozent der rund 34.000 Stimmberechtigten; dann müsste die Stadt ihre im November 2017 aufgenommenen Verhandlungen mit Ditib abbrechen.

Stimmen gegen Moscheebau

Angestoßen hat den Bürgerentscheid die Initiative "Kaufbeurer Bürger gegen Neubau einer Ditib-Moschee". Bei Facebook schreibt sie: "Es gibt kein Grundrecht auf den Bau einer Großmoschee." Ditib verbreite einen mit dem Grundgesetz und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbaren politischen Islam. Zudem gebe es kein Platzproblem.

Hinter der Initiative steht der pensionierte Kriminalbeamte Werner Göpel (80), nach eigenen Angaben früher CSU-Mitglied, aber seit vielen Jahren parteilos. Der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte Göpel: "Ich habe jede Menge türkische Freunde, aber ich fürchte die Islamisierung. Ich möchte nicht, dass das christliche Abend- zum islamischen Morgenland wird und dass meine Kindeskinder Moslems werden."

Für seine Sache macht Göpel bei Facebook auch Werbung mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Dieser sagte kürzlich in einer Predigt, er halte Befürchtungen, dass Mitteleuropa eine Islamisierung durch Asylgewährung und Fruchtbarkeit drohe, nicht für ganz unberechtigt.

Plädoyer für Religionsfreiheit

Kaufbeuren liegt indes nicht in der Diözese Regensburg, sondern in Augsburg. Für dieses Bistum äußert sich Bertram Meier, Bischofsvikar für interreligiösen Dialog: In Deutschland herrsche Religionsfreiheit, auch bei einem Moscheebau. Jedoch stehe Ditib in engster Verbindung mit dem türkischen Religionsministerium. "Wir wollen aber keine politische Fernsteuerung. Deshalb muss man genau beobachten, was dort gepredigt wird."

Die bayerische Integrationsbeauftragte Mechthilde Wittmann mag den Einzelfall Kaufbeuren nicht bewerten, aber sie wirbt für Toleranz und ein friedliches Zusammenleben der Religionen. "Hierbei kann ein Bürgerentscheid oft sehr hilfreich sein", findet die CSU-Landtagsabgeordnete.

Sachliche Diskussion führen

Für ein friedliches Zusammenleben tritt auch "Kaufbeuren gestalten - statt spalten" ein, eine weitere Initiative, gegründet als Reaktion auf die Moscheegegner. Sie will eigenen Angaben zufolge "zu einer sachlichen und ehrlichen Diskussion ohne Vorurteile und extremistische Aussagen" beitragen, ohne sich für oder gegen den Moscheebau zu positionieren.

Einer der Mitbegründer ist der katholische Pastoralassistent Michael Rösch. Er berichtet von Flugblättern in mehreren Kirchen mit dem Vorwurf, christliche Seelsorger kröchen vor der vermeintlichen Islamisierung Deutschlands weg. "Außerdem wurden Schaukästen mit Parolen vom rechten Rand zugeklebt", darunter Botschaften der rechtsextremen Identitären Bewegung.

Nicht nur Rösch ist gespannt auf das Ergebnis des Bürgerentscheids. Es soll am Sonntag gegen 21 Uhr feststehen.

Christopher Beschnitt


Quelle:
KNA