Staatssekretär: Innenministerium will Islamkonferenz erneuern

"Deutscher Islam"

Das Bundesinnenministerium will die Deutsche Islamkonferenz neu aufstellen. Dabei sollen auch wieder islamkritische Stimmen zu Wort kommen. Das verspricht harte Debatten. Der Auftakt ist diesbezüglich bereits gemacht.

Autor/in:
Christoph Scholz
In einer Hamburger Moschee / © Axel Heimken (dpa)
In einer Hamburger Moschee / © Axel Heimken ( dpa )

Mit der Fortsetzung der Deutschen Islamkonferenz (DIK), wie sie der Koalitionsvertrag vorsieht, lässt sich das zuständige Bundesinnenministerium Zeit. Staatssekretär Markus Kerber erklärte am Freitag in der "Bild"-Zeitung, dass sie nach der Sommerpause neu aufgestellt werden solle. Und er zeigte gleich die Grundrichtung auf: Sie soll einen "deutschen Islam" definieren.

Bei aller Kontinuität der 2006 ins Leben gerufenen DIK hat noch jeder Innenminister das Gremium nach eigenen Schwerpunkten gestaltet.

Zuletzt hatte Thomas de Maiziere (CDU) vor allem auf konkrete Ergebnisse in Sachfragen gesetzt: von der Bildung über die Wohlfahrtspflege bis zur Seelsorge an staatlichen Einrichtungen.

Ansprechpartner waren die organisierten muslimischen Verbände, die allerdings nur den kleineren Teil der Muslime in Deutschland vertreten.

Neuanfang geplant

Seehofer will nun einen Neuanfang, der gewissermaßen zurück zu den Anfängen geht. Dem damaligen Ressortchef Wolfgang Schäuble ging es bei der Gründung 2006 um grundsätzliche Fragen wie das uneingeschränkte Bekenntnis zur Verfassung. Nicht zufällig hat Seehofer damit den Heimatstaatssekretär Kerber betraut. Er war seinerzeit als Abteilungsleiter maßgeblich an der Entwicklung der DIK beteiligt.

Für eine Neuaufstellung sprechen mehrere Gründe. Das Gremium konnte im vergangenen Jahrzehnt viele konkrete Ergebnisse erzielen, wesentliche Fragen wie ein Staatsvertrag blieben aber offen. Sie scheiterten nicht zuletzt daran, dass sich die meisten Verbände weigerten, den Vorgaben des Religionsverfassungsrechts zu entsprechen.

Zugleich änderten sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Durch den islamistischen Terrorismus, das Anwachsen des radikalen Salafismus hierzulande und den Zuzug zahlreicher muslimischer Flüchtlinge wandelte sich das gesellschaftliche Klima gegenüber Muslimen. Dies ging mit einer stärker konservativen Ausrichtung der Verbände einher.

Auch für islamkritische Stimmen geöffnet

Mit dem Zuzug veränderte sich auch die Zusammensetzung der muslimischen Gemeinschaft. Die Zahl arabisch-sunnitischer und schiitisch-iranischer Muslime ist gewachsen - möglicherweise auch ihr Einfluss. Große Sorgen bereitete schon de Maiziere "das Thema der Fremdsteuerung durch andere Staaten" sowie dass einige Verbände "in Richtung Fundamentalismus ausfransen".

Kerber verwies nun etwa eine Einflussnahme der Türkei. In der Kritik steht hier die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Als ebenso problematisch gilt der Einfluss von Saudi-Arabien oder dem Iran durch Geldflüsse.

Laut Kerber soll das Gremium wieder geöffnet werden: für "nicht organisierte muslimische Mitbürger" und auch islamkritische Stimmen.

Zu Beginn gehörten etwa Islamkritiker wie Hamed Abdel-Samad oder Necla Kelek sowie unabhängige Intellektuelle wie Navid Kermani der DIK an. Nach Auskunft einer Sprecherin wird es in der kommenden Arbeitsperiode "vermutlich" keine feste Mitgliedschaft geben, sondern "eine flexible, themenorientierte und letztlich formatabhängige Zusammensetzung". Über das endgültige Format soll nach einem Konsultationsprozess entschieden werden.

Harte Debatten erwartet

Das verspricht erneut harte Debatten: Den Auftakt machte schon mal der Vorsitzende des Islamrats, Ali Kizilkaya, mit einem Tweet: "Zwei Mal Islam mit Salami und Vorderschinken ohne Knoblauch. Dazu noch zwei Weizen bitte! Innenministerium bestellt Islam nach Wunsch. Was für eine Anmaßung." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, wertet die Ankündigungen hingegen als positives Signal.

Auf Seehofers provokative Aussage: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" soll nun offenbar die Islamkonferenz mit der Definition eines "deutschen Islam" antworten. Kerber betonte: "Der Staat kann dafür nur Rahmenbedingungen schaffen." Hinter dieser Aussage verbirgt sich die ganze gesellschaftspolitische Spannung der Integrationsdebatte.

So bleibt auch zu fragen, was Kerber genau meint, wenn er sagt: "Fest steht: Es gibt einen deutschen Katholizismus, es gibt einen deutschen Protestantismus, und es gibt ein deutsches Judentum." Denn nationale Religionen kennt das deutsche Recht nicht - nur verfassungskonforme, wie Kerber selbst betonte.


Quelle:
KNA