Kirchenvertreter zum Verhältnis zum Islam

Verständnis für Angst vor dem Islam

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn zeigt Verständnis für die Angst vor einer Ausbreitung des Islam in Europa. Notwendig sei jetzt eine Allianz aller Kräfte, die für einen toleranten Islam stünden, so Schönborn.

Christoph Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari (KNA)
Christoph Kardinal Schönborn / © Cristian Gennari ( KNA )

In der ORF-Sendung "Pressestunde" lehnte der Erzbischof von Wien einen EU-Beitritt der Türkei in der gegenwärtigen Situation ab. Es sei schon Herausforderung genug, in Europa halbwegs gut miteinander auszukommen. Anders verhalte es sich mit Bosnien-Herzegowina. Hier würden die österreichischen Bischöfe einen EU-Beitritt unterstützen. Dieser biete Chancen, das früher gute Miteinander verschiedener Völker und Religionen in Bosnien-Herzegowina wieder zu verbessern.

Zum viel diskutierten Kopftuch meinte der Kardinal, entscheidend sei die Wahlfreiheit. Es dürfe kein Zwang ausgeübt werden. Auch wenn es in jeder Religion bestimmte Regeln gebe, sei letztlich der Respekt vor der Freiheit jedes Einzelnen entscheidend.

Angesprochen auf die vielen hundert Muslime, meist Flüchtlinge, die jedes Jahr zum Christentum konvertieren, bekräftigte Schönborn, dass es sich dabei um seriöse Lebens- und Glaubensentscheidungen handle und die Menschen nicht nur versuchten, Asyl zu bekommen. Die Taufvorbereitung sei sehr intensiv und dauere mindestens ein Jahr.

Zum anderen würden sich die Menschen damit auch einem hohen Risiko aussetzen. Es sei innerhalb der islamischen Gemeinschaft - im Westen wie in mehrheitlich muslimischen Ländern - nach wie vor gefährlich, zu einer anderen Religion zu wechseln.

Bedford-Strohm: Islam nicht pauschal abwerten

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, warnt dagegen vor einer pauschalen Abwertung des Islam. Dies wäre die falsche Antwort, sagte er am Sonntag in seinem Grußwort bei der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Nürnberg. Nicht den Islam gelte es zu bekämpfen, sondern extremistische Haltungen, betonte Bedford-Strohm laut Redetext. Sie beriefen sich zwar gegenwärtig besonders häufig auf den Islam, es gebe sie aber leider auch in anderen Religionen.

Der EKD-Ratsvorsitzende bezeichnete es als Selbstverständlichkeit, dass Muslime in Deutschland ihre Religion ausüben und Moscheen haben, in denen sie sich zum Gottesdienst versammeln können. "Deswegen verdienen die muslimischen Gemeinden, deren Gotteshäuser in jüngster Zeit in großer Zahl Ziel von Brandanschlägen geworden sind, unser volles Mitgefühl", erklärte der bayerische Landesbischof. Er verurteile diese Anschläge aufs Schärfste. Christen müssten die Liebe Gottes "auch und vielleicht sogar gerade da zeigen, wo Menschen anderer religiöser Überzeugungen Unrecht erleiden".

Bedford-Strohm forderte eine "neue Humanitätsoffensive aller Religionsgemeinschaften". Die Gläubigen müssten sich öffentlich zu Wort melden, wenn die Würde des Menschen mit Füßen getreten werde.

Glaubwürdig sind die Religionsgemeinschaften nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden nur, wenn sie selbstkritisch die Gewalttraditionen in ihren eigenen Heiligen Schriften in den Blick nehmen und die daraus folgenden Tendenzen der Intoleranz überwinden.

Die VELKD-Bischofskonferenz befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema "Gottesverständnis im Islam und Christentum", sie endet am Montag.


Quelle:
epd , KNA