Statistik zu Angriffen auf Muslime und Moscheen

"Nur ein Teil der Wirklichkeit"

Im vergangenen Jahr hat es einem Medienbericht zufolge bundesweit mindestens 950 Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen wie Moscheen gegeben. Dabei seien 33 Menschen verletzt worden, meldete die "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Samstag.

Archiv: Farbanschlag auf Moschee in Leipzig  / © Jan Woitas (dpa)
Archiv: Farbanschlag auf Moschee in Leipzig / © Jan Woitas ( dpa )

Diese Zahlen gehen aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine  Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Danach registrierten die Behörden allein knapp 60 Anschläge, Schmierereien und Schändungen, etwa mit Schweineblut. In fast allen Fällen waren den Angaben zufolge die Täter Rechtsextreme. Da die Behörden Daten zu islamfeindlichen Straftaten erst seit Jahresbeginn 2017 auswerten, gibt es keine Vergleichszahlen aus dem Jahr 2016.

Digitale und analoge Angriffe

Zu den erfassten Straftaten zählen Hetze gegen Muslime oder muslimische Flüchtlinge im Netz - sogenannte Hasskommentare -, Drohbriefe, Angriffe auf Kopftuch tragende Frauen oder muslimische Männer auf der Straße, aber auch Sachbeschädigung und Nazi-Schmierereien an Häusern und Moscheen.

Über die Höhe des Schadens hatten die Behörden keine Erkenntnisse. Zudem wurden 2017 insgesamt knapp 90 Kundgebungen gegen die vermeintliche "Islamisierung Deutschlands" gezählt. In diesen Zahlen sind jedoch die Pegida-Aufmärsche in Sachsen nicht erfasst.

"Kein Grund zur Entwarnung"

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, geht davon aus, dass die Statistik nicht alle Delikte erfasst und so die Wirklichkeit nur in Teilen abgebildet wird. "Es gibt ein großes Dunkelfeld, weil die Behörden, also Polizei und Staatsanwaltschaften, noch nicht dafür sensibilisiert sind und deshalb viele Fälle in der Statistik nicht auftauchen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Zudem würden Betroffene häufig keine Anzeige erstatten.

Zum Jahresende entspannte sich die Lage etwas. Nach vorläufigen Zahlen gab es im vierten Quartal 167 registrierte Vorfällen, davon fünf Angriffe auf Moscheen und muslimische Religionsstätten. Das ist deutlich weniger als noch im dritten Quartal mit 288 Vorfällen. Die innenpolitische Expertin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, sagte: "Das ist zwar erfreulich, aber kein Grund zur Entwarnung." Jelpke befürchtet mit Blick auf die AfD, dass sich eine muslimfeindliche Stimmung in Deutschland verfestigt: "Die Islamhasser haben inzwischen den Sprung von der Straße in den Bundestag geschafft und tragen von der Parlamentstribüne zur Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas gegenüber muslimischem Leben in Deutschland bei."


Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl (dpa)
Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime / © Alexander Heinl ( dpa )
Quelle:
KNA , epd