Muslime laden zum "Tag der offenen Moschee"

Auf gute Nachbarschaft

Das Misstrauen gegen den Islam schwindet nur langsam. Migrantenkrise und Terrorkrise verstärken es eher. Damit es dem Interesse für die andere Religion weicht, haben am Dienstag wieder Moscheen für Besucher geöffnet.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Tag der offenen Moschee in Köln  / © Rainer Jensen (dpa)
Tag der offenen Moschee in Köln / © Rainer Jensen ( dpa )

Rund tausend Moscheen in Deutschland haben am Dienstag ihre Türen für Besucher geöffnet. Die islamischen Gemeinden sowie Bildungs- und Kulturzentren boten Führungen, Ausstellungen, Vorträge, Diskussionen und Möglichkeiten der Begegnung an. Die Veranstalter erwarteten bundesweit mehr als 100.000 Besucher. Der seit 20 Jahren begangene Tag der offenen Moschee stand diesmal unter dem Motto "Gute Nachbarschaft - Bessere Gesellschaft". Damit solle auch der hohe Stellenwert betont werden, den der Islam dem herzlichen Verhältnis unter Nachbarn beimesse, heißt es vom KRM.

Die Nachbarschaft werde in der islamischen Tradition sehr hoch bewertet, erklärte der Koordinationsrat der Muslime in Köln. "Wenn der Zusammenhalt hier gelingt, funktioniert das friedliche Zusammenleben auch auf gesellschaftlicher Ebene." Gerade in Zeiten wachsender Vorurteile sei der Tag der offenen Moschee eine Brücke, die Menschen zusammenbringe und Gelegenheit zu Austausch und Verständigung biete.

Ängste ab- und Brücken aufbauen soll der Tag, das wünschen sich die Veranstalter. An der geringen Akzeptanz für die Religion Mohammeds hierzulande hat er bisher wenig ändern können. Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr finden 70 Prozent der Deutschen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Migrationskrise und Terrorangst verstärken die Vorbehalte.

Offenheit demonstrieren

Dagegen wollen die islamischen Gemeinden einmal mehr mit Führungen und Podiumsdiskussionen Offenheit demonstrieren. Mehr als 1.000 Moscheen und Gebetsstätten beteiligen sich laut KRM an dem Aktionstag. 

Aber gerade der Bau von Moscheen stellt die Beziehungen zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft immer wieder auf die Probe. Von den etwa 2.800 Moscheen und Gebetsstätten in Deutschland sind 350 als solche erkennbar. Oft folgen sie der türkisch-osmanischen Architektur mit Kuppel und Minarett. Inzwischen gibt es neben den unzähligen "Hinterhofmoscheen" etliche Großbauten mit Platz für mehr als 1.000 Gläubige wie in Duisburg, Köln oder Bremen.

Kritik von Anwohnern fangen oft mit der Angst vor Lärmbelästigung an und hören beim Streit um Minaretthöhen noch nicht auf. Auch die Finanzierung von Moscheebauten aus dem Ausland, aus der Türkei oder den Golfstaaten, nebst importierten Imamen ohne Deutschkenntnisse erregt Misstrauen. Viele fragen sich: Welcher Islam soll da installiert werden? Kann der vielbeschworene Euro-Islam so gelingen?

Bis auf baurechtliche Fragen steht der Errichtung von Moscheen in Deutschland wenig entgegen. Dagegen ist der Bau von Kirchen in den meisten islamischen Ländern entweder ganz verboten oder reglementiert. Von den Islamverbänden, die immer wieder auf das Prinzip der Religionsfreiheit pochen, wenn es um die eigenen Gotteshäuser geht, hört man dazu wenig.

Rituelle Reinheit

Mit dem Tag der offenen Moschee setzt der Dachverband KRM aber ein richtiges Zeichen. Der Besuch einer Moschee lohnt sich. Dem Gast fallen dabei sofort die Unterschiede zu christlichen Kirchen auf. Es beginnt damit, dass er sich vor Betreten die Schuhe auszieht. In den islamischen Kulturen spielt das Gebot der rituellen Reinheit eine große Rolle. Jede Moschee verfügt deshalb über Waschräume für die rituellen Waschungen vor dem Gebet. Zudem sind Moscheen mit Teppichen ausgelegt, die nicht vom Straßendreck verschmutzt werden sollen.

Christliche Besucher wundern sich zuweilen über die lebhafte Atmosphäre. Das ehrfürchtige Flüstern, wie man es aus Kirchen kennt, ist in Moscheen eher selten zu hören. Sie sind keine geweihten Orte, keine Tempel, sondern dienen auch als sozialer Treffpunkt und Lehrstätte zur religiösen Unterweisung. Ihr wichtigster Zweck ist aber das Gemeinschaftsgebet. Insbesondere das Freitagsgebet sollte zumindest von den Männern immer dort abgehalten werden. Sie beten getrennt von den Frauen, für die es eigene, oft abgeschirmte Gebetsbereiche gibt. Muslime begründen dies damit, dass die Betenden nicht von der Konzentration auf Gott abgelenkt werden sollen.

Die oft mit Kalligraphien oder arabesken Schnitzereien verzierte Gebetsnische (mihrab) zeigt die Richtung nach Mekka. Daneben befindet sich die meist hölzerne Kanzel für die Freitagspredigt, minbar genannt. Ansonsten erinnert wenig an eine Kirche. Ausgerechnet die oft so umstrittenen Minarette zeigen die räumliche Nähe beider Religionen an: Die arabischen Eroberer des einst christlichen Nahen Ostens nahmen sich dabei die Kirchtürme zum Vorbild. Die in Deutschland überwiegend "gestutzten" Minarette dienen in Deutschland aber nur selten ihrem eigentlichen Zweck als Plattform für die Lautsprecher des Muezzins. Bisher ruft er die Gläubigen landesweit erst in rund 30 Moscheen zum Gebet. Mit Rücksicht auf die Nachbarschaft verzichten die Gemeinden aber in der Regel auf den Gebetsruf vor der Morgendämmerung.


Besucher in einer Berliner Moschee (dpa)
Besucher in einer Berliner Moschee / ( dpa )

Vorher heißt es: Schuhe aus  / © Paul Zinken (dpa)
Vorher heißt es: Schuhe aus / © Paul Zinken ( dpa )
Quelle:
KNA , epd