NRW-Koalition will Zusammenarbeit mit Moscheeverbänden prüfen

"Knallharte Auseinandersetzung"

Nach der Debatte um die Absage der Ditib am Friedensmarsch "Nicht mit uns", zeichnen sich Konsequenzen ab: Die neue NRW-Regierung will die Zusammenarbeit mit muslimischen Organisationen auf den Prüfstand stellen.

Die Zusammenarbeit mit Moscheeverbänden soll geprüft werden / © Marcus Brandt (dpa)
Die Zusammenarbeit mit Moscheeverbänden soll geprüft werden / © Marcus Brandt ( dpa )

"Wir brauchen eine knallharte Auseinandersetzung mit den Verbänden, die bisher die Integrationspolitik gemacht haben", erklärte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Joachim Stamp am Wochenende auf einer FDP-Regionalversammlung in Essen.

Insbesondere mit dem Moscheeverband Ditib ("Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion") könne die bisherige Kooperation nicht fortgesetzt werden.

Kritik von den Grünen

Auch der Grünen-Parteichef erneuerte seine Kritik am deutsch-türkischen Moscheeverband. Gegenüber der "Welt" (Montag) betonte Cem Özdemir: "Ditib hat hier mit seiner fadenscheinigen Absage eine Chance verpasst, mit anderen gemeinsam ein Statement für ein friedliches Miteinander und gegen islamistischen Terror zu setzen".

Kurswechsel in NRW

"Wir werden mit Ditib so nicht mehr weitermachen", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stamp, der als Integrationsminister im Gespräch ist und für diesen Politikbereich FDP-Verhandlungsführer bei den Koalitionsverhandlungen war. Die neue Landesregierung werde nur den Dialog und die Zusammenarbeit mit solchen Verbänden suchen, "die die Interessen der Muslime tatsächlich vertreten", rief der FDP-Integrationsexperte unter langanhaltendem Beifall der 400 Teilnehmer aus.

"Mit dieser Kaste von Funktionären ist keine vernünftige Integrationspolitik zu machen." Dies habe gerade erst der Ditib-Boykott bei der Kölner Demonstration der Muslime gegen den islamistischen Terror gezeigt.

"Dialogforum Islam" ist künftig Geschichte

In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU und FDP auf eine Abschaffung des "Dialogforums Islam" verständigt. Dieses Gesprächsformat habe "keine nennenswerte Ergebnisse" gebracht. Den Dialog mit den islamischen Verbänden will die schwarz-gelbe Landeregierung auf eine neue Grundlage stellen und "handlungsorientiert ausrichten".

Stamp kündigte an, dass sich die Koalition im Bundesrat für ein Einwanderungsgesetz einsetzen werde. Dieses Gesetz solle über ein Bluecard- und Punktesystem, wie es in klassischen Einwanderungsländern bereits praktiziert werde, gezielte Zuwanderung ermöglichen.

Ordnung im System?

Auf diesem Wege könnten beispielsweise Fachkräfte für das Pflegesystem gewonnen werden, sagte der FDP-Politiker. In diesem Punkt habe sich die CDU bei den Koalitionsverhandlungen "Gott sei Dank bewegt". Zudem hätten sich die beiden künftigen Regierungsparteien in Düsseldorf darauf verständigt, Flüchtlingen aus Bürgerkriegsländern auch unterhalb des Asylanspruches "humanitären Schutz" zu gewähren, erklärte Stamp.

CDU und FDP wollten ein "geordnetes Einwanderungssystem" in Deutschland, das zwischen den unterschiedlichen Migrantengruppen konsequent unterscheide, so der FDP-Politiker. Nur so komme endlich wieder Ordnung ins System.

Özdemir enttäuscht über Teilnehmerzahl bei "Nicht mit uns"-Demo

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir hat sich enttäuscht gezeigt, dass die von Muslimen organisierte Anti-Terror-Demonstration in Köln deutlich weniger Teilnehmer als erwartet verzeichnete. «Es ist gut, dass diese Demonstration stattgefunden hat, auch wenn ich mir ein kraftvolleres Zeichen erhofft hätte», sagte er der «Welt» (Montag).

«Ditib hat hier mit seiner fadenscheinigen Absage eine Chance verpasst, mit anderen gemeinsam ein Statement für ein friedliches Miteinander und gegen islamistischen Terror zu setzen», erneuerte der Grünen-Parteichef seine Kritik am deutsch-türkischen Moscheeverband.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, zeigte sich hingegen zufrieden. «Die erwarteten zehntausend Teilnehmer waren eine überzogene Zahl», sagte er der «Heilbronner Stimme» (Montag). «Auch die Teilnahme anderer Organisationen hätte die Zahl nicht nach oben korrigiert, weil gerade viel mehr über die Deutungshoheit diskutiert wird als über die Notwendigkeit, endlich gemeinsam gegen Terror und Gewalt Zeichen zu setzen.»


Quelle:
KNA