Islamwissenschaftlerin wünscht sich mehr weibliche Imame

"Die meisten trauen sich nicht"

Die Rolle des islamischen Vorbeters, des Imams, wird in Deutschland ganz überwiegend von Männern übernommen - obwohl Frauen diese Aufgabe durchaus übernehmen könnten. Die Islamwissenschaftlerin Rabeya Müller ist eine von ihnen.

Autor/in:
Barbara Driessen
Rabeya Müller (l. Archivbild) / © version (epd)
Rabeya Müller (l. Archivbild) / © version ( epd )

Die Kölner Imamin Rabeya Müller hofft auf mehr weibliche islamische Geistliche in Deutschland. Sie wünsche mehr muslimischen Frauen den Mut, als Imamin eine Moscheegemeinde zu übernehmen, sagte Müller dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Köln. "Die meisten trauen sich nicht." Müller ist Imamin der Muslimischen Gemeinde Rheinland des Liberal-Islamischen Bundes in Köln.

Nur vier weibliche Imame in Deutschland

Rabeya Müller ist nach eigenen Worten eine von vier weiblichen Imamen in Deutschland. Sie sei in gewissen Dingen eine Vorreiterin, sagte sie. "Ich kann zeigen, dass Dinge, die viele für unmöglich halten, doch nicht unmöglich sind." Müller wurde 1957 in der Eifel geboren, konvertierte als junge Katholikin zum Islam und studierte Islamwissenschaften und Pädagogik.

Die Imamin vertritt einen liberalen Islam. Sie engagiert sich im Zentrum für islamische Frauenforschung und Frauenförderung, entwickelt Selbstbehauptungstrainings für muslimische Mädchen und hat im Institut für interreligiöse Pädagogik und Didaktik Lehrpläne und Unterrichtsmaterialien für den islamischen Religionsunterricht entworfen.

Die 2012 gegründete Muslimische Gemeinde Rheinland, der sie als Imamin vorsteht, ist die älteste Moscheegemeinde des Liberal-Islamischen Bundes. Drei weitere gibt es in Berlin, Frankfurt und Hamburg. Die Kölner Gemeinde ist in der evangelischen Luthergemeinde beheimatet. "Dort haben wir einen Ort gefunden, wo unsere Gemeinde entstehen konnte", sagte Müller. Mit Pfarrer Hans Mörtter und der Luthergemeinde bestehe eine sehr gute Zusammenarbeit, es gebe etwa gemeinsame Abende und Diskussionsrunden.

Interreligiöses Miteinander

Jedes Jahr werde auch ein gemeinsamer Gottesdienst begangen, der offiziell allerdings nicht Gottesdienst, sondern "interreligiöse Begegnung" heiße, sagte Müller. "Mitglieder unserer Gemeinden sind dann dabei, aber auch Juden, Agnostiker und interreligiöse Paare." Gerade für christlich-muslimische Paare sei das etwas ganz Besonderes, sagte die Imamin. "Denn das ist oft der erste Gottesdienst, den sie als Paar gemeinsam besuchen und nicht nur als Gast der jeweils anderen Religionsgemeinschaft."

In Müllers Gemeinde beten Frauen und Männer zusammen. Eheschließungen zwischen Muslimen und Christen sind willkommen. "Und wir haben eine andere Einstellung zum Thema Homosexualität", betonte Müller. "Wir sind gegen jede Form von Diskriminierung." Dafür zahlt die Imamin einen Preis: "Natürlich gibt es Anfeindungen." Die kommen nach ihren Worten von Extremisten aus allen Lagern: "Von den Rechten, etwa von Neonazis, aber auch von islamischer Seite." Aber das gehöre eben dazu.

 

Quelle:
epd