Debatte um Istanbul Lisesi Gymnasium

Streit um Weihnachten im Unterricht - Auswärtiges Amt beschwichtigt

Berichte über Beschränkungen zum Umgang mit Weihnachten am deutsch-türkischen Elitegymnasium Istanbul Lisesi haben für heftige Debatten gesorgt. Das Auswärtige Amt beschwichtigt, die Schulleitung erklärt, der Streit sei beendet.

"Kulturministerium - Schule von Istanbul", steht auf dem Schild der Lisesi Schule in Istanbul / © Linda Say (dpa)
"Kulturministerium - Schule von Istanbul", steht auf dem Schild der Lisesi Schule in Istanbul / © Linda Say ( dpa )

Das mutmaßliche Verbot der Schulleitung, über Weihnachten im Unterricht zu sprechen, hatte für heftige Kritik von Politikern aller Parteien gesorgt. Auch Kirchenvertreter äußerten sich irritiert. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, sagte am Montag in Berlin, es habe inzwischen Gespräche zwischen den türkischen und deutschen Verantwortlichen an der Schule gegeben. Er sei zuversichtlich, dass "Missverständnisse ausgeräumt" und an dieser Schule im Unterricht selbstverständlich auch über deutsche Weihnachtsbräuche gesprochen werden könne, sagte Schäfer. Den Vorwurf eines "Weihnachtsverbots" wies er zurück. Niemand in der Türkei verbiete irgendjemandem, Weihnachten zu feiern, sagte er.

Schäfer erklärte, an der Schule habe es Diskussionen darüber gegeben, wie und in welcher Weise über deutsche Traditionen und Bräuche gesprochen werde. Es sei eine Angelegenheit allein dieser Schule. Über ähnliche Vorkommnisse an anderen Schulen in der Türkei wisse er nichts. Die Entsendung der 35 deutschen Lehrer stellte Schäfer wegen der Kontroverse nicht infrage.

Grundlage: Kulturabkommen von 1957

Das Elite-Gymnasium Lisesi ist eine staatliche türkische Schule, die aber zugleich als deutsche Auslandsschule anerkannt ist. Der türkische Schulleiter wird direkt vom Bildungsministerium in Ankara ernannt. Ihm untersteht der Leiter der deutschen Abteilung.

Grundlage der personellen Unterstützung durch die Bundesrepublik ist ein Zusatzvertrag von 1986 zum Kulturabkommen zwischen Berlin und Ankara, wonach Deutschland bis zu 80 deutsche Lehrer an bestimmte türkische Schulen entsendet. Das Kulturabkommen von 1957 besagt: "Die Vertragsparteien werden bemüht sein, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, ihren Völkern die Kenntnis der Kulturgüter des anderen Landes zu vermitteln."

"Es liegt kein Verbot vor"

Von Seiten der Schulleitung hieß es, der Streit sei beendet. "Nach gemeinsamer Sitzung zwischen der türkischen Schulleitung und der Leitung der Deutschen Abteilung kann ich Ihnen mitteilen, dass kein Verbot 'Weihnachten' im Unterricht zu besprechen vorliegt", hieß es am Montag in einer E-Mail der deutschen Abteilungsleitung an die deutschen Lehrer, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Am vergangenen Dienstag hatte die Leitung der Deutschen Abteilung am Istanbul Lisesi noch an die deutschen Lehrer geschrieben: "Es gilt nach Mitteilung durch die türkische Schulleitung eben, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird." Ein "Weihnachtsverbot" hatte sie aber bereits am Wochenende dementiert.

Der prominente Abgeordnete Mustafa Sentop von der Regierungspartei AKP warf den deutschen Lehrern "Missionierung" vor. "Missionierung in staatlichen Schulen kann nicht erlaubt werden", teilte der Vorsitzende der Verfassungskommission im Parlament auf Twitter mit. "Reißt euch zusammen. Das hier ist die Türkei. In einer Staatsschule kann die religiöse/politische Propaganda des deutschen Staates gegenüber Kindern dieses Landes nicht gestattet werden."

"Kein Anhaltspunkt für Einmischen der Regierung"

Politiker mehrerer Parteien in Deutschland hatten sich empört gezeigt und sahen die Religionsfreiheit in der Türkei in Gefahr. Außenamtssprecher Schäfer sagte am Montag, das Auswärtige Amt habe nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in einer Art "Mikro-Mikro-Mikro-Management" in die Angelegenheiten der Schule eingemischt habe.

Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, dieser Fall eigne sich nicht als Ausgangspunkt für eine Debatte über die gesamte Türkei-Politik der Bundesregierung. Er wies Spekulationen zurück, die Bundesregierung könne durch den Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei in ihrem Verhältnis zu Ankara "in irgendeiner Weise gehemmt" sein.

(dpa,kna,epd)