Islamwissenschaftlerin und Imamin zum Tag der offenen Moschee

"Oft erste Begegnung mit Muslimen"

Heute ist der Tag der offenen Moschee. Für Islamwissenschaftlerin und Imamin Rabeya Müller ist der Tag ganz wichtig - denn Vorurteile lassen sich vor allem bei einem persönlichen Kontakt abbauen, sagt sie im domradio.de-Interview. 

Moscheen: Schuhe müssen draußen bleiben / © Peter Steffen  (dpa)
Moscheen: Schuhe müssen draußen bleiben / © Peter Steffen ( dpa )

domradio.de: Heute ist Tag der offenen Moschee. Sie hatten schon vor unserem Gespräch gesagt: Ein etwas mulmiges Gefühl ist schon dabei. Warum? 

Rabeya Müller (Islamwissenschaftlerin): Ja, wegen der Anschläge - nicht nur der in Dresden vor einigen Tagen. Ich habe heute morgen auch gehört, dass es Schüsse auf eine Moschee in Remscheid gegeben hat. Das sind natürlich Dinge, die einem Sorge bereiten und wo man überlegt, wie vorsichtig man in Zukunft sein soll. Andererseits sage ich mir: Es kann einem grundsätzlich immer wieder etwas passieren. Die Leute, die diese Angstmache probieren, die möchten, dass wir alle immer getrennt und seperat voneinander leben und nicht zusammen kommen. Und das fände ich schade. 

domradio.de: Das ist jetzt nicht der erste Tag der offenen Moschee. Sie haben ja schon Erfahrungswerte gesammelt. Was passiert denn an so einem offenen Tag? 

Müller: Es kommt vor, dass sich viele Menschen überhaupt mal trauen, in eine Moschee zu gehen, weil die Moscheen dann alle Türen ganz weit offen haben. Für viele ist es - man mag es kaum glauben - die erste Begegnung mit Musliminnen und Muslimen. Ein persönlicher Kontakt sollte grundsätzlich Vorurteile abbauen und sollte auch das Zutrauen zueinander erhöhen. Es gibt viele Fragen, die wegen der aktuellen politischen Situation aufkommen. Natürlich gibt es auch viele Menschen, die Ängste haben. Ich glaube, es ist wichig zu dokumentieren, wie Muslime in Deutschland tatsächlich leben - und dass sie eigentlich ganz normale Mitbürger sind. Es gibt Vorträge in den Moscheen. Es gibt Begegnungen bei Kaffee und Kuchen. Da kommt man ins Gespräch. Ich glaube, dass diese zwischenmenschlichen Beziehungen eigentlich das Wichtigste an diesem Tag sind. 

domradio.de: Und merken Sie, dass die Stimmung dieses Jahr anders ist als in den Jahren zuvor?

Müller: Es gibt mehr Zurückhaltung. Früher war das wesentlich offener. Es gibt einige Moscheen, die gesagt haben, dass das Besucherklientel aggressiver reagiert als es das früher getan hätte. Aber grundsätzlich ist es gleichbleibend. 

domradio.de: Man muss ja auch sagen: Moschee ist nicht gleich Moschee. Viele haben vielleicht die große prächtige Moschee in Köln im Kopf. Aber es gibt ja ganz viele unterschiedliche Moscheen - auch ganz kleine, die man kaum findet. Wann wird denn eigentlich ein Raum zu einer Moschee?

Müller: Es gibt einen berühmten Ausspruch vom Propheten Mohammed, der gesagt hat: Die ganze Welt ist eine Moschee. Und von daher kann man davon ausgehen, dass Muslime keinen expliziten Raum benötigen, um zu beten. Das können sie überall und zu jeder Zeit tun. Das machen auch viele Muslime. Eine Moschee ist im Gegensatz zu einer Kirche kein sakraler Raum. Es ist ein Ort der Versammlung, wo die Menschen hingehen, die Angelegenheiten der Gemeinde besprechen, wo auch Untericht stattfindet oder wo man betet. 

domradio.de: Da kann man auch in einen Nebenraum der Lutherkirche gehen? 

Müller: Das ist eine typisch kölsche skurrile Situation. Die muslimische Gemeinde Rheinland, die eine Gemeinde des Liberal-Muslimischen Bundes ist, ist in der Lutherkirche in der Südstadt untergebracht - einfach weil es kein Geld für eigene Räumlichkeiten gibt. Und weil man auf diese Art und Weise das interreligiöse Miteinander nicht nur an einem Tag wie heute praktiziert. 

Das Gespräch führte Heike Sicconi. 


Quelle:
DR