Weihbischof Jaschke verurteilt Gewalt im Namen des Islam

"Erwarte öffentliche Proteste muslimischer Autoritäten gegen Terror"

Muslime in Deutschland feiern das Ende des Fastenmonats Ramadan - weltweit haben Anschläge in dieser Zeit für Entsetzen gesorgt. Weihbischof Hans-Jochen Jaschke erwartet deshalb klare Terror-Distanzierungen muslimischer Autoritäten.

Hans-Jochen Jaschke / © Harald Oppitz (KNA)
Hans-Jochen Jaschke / © Harald Oppitz ( KNA )

domradio.de: Viele Menschen in Deutschland wissen vielleicht nicht, dass das Ende des Ramadans gefeiert wurde. Wie finden Sie das? Sollte das eigentlich jeden interessieren?

Dr. Hans-Jochen Jaschke (Weihbischof im Erzbistum Hamburg): Der Ramadan ist ein wichtiges Ereignis und ein großes Fest für die Muslime in Deutschland, aber auch weltweit. Es ist ein Zeichen ihrer Identität. Sie erfahren, wer sie sind und zelebrieren die Freude an ihrer Religion. Ich bekomme das auch im Alltag mit, wenn ich beispielsweise mit dem Taxi unterwegs bin und der Fahrer ein Moslem ist, dann frage ich nach, wie er es mit dem Ramadan hält. Manche halten es ganz streng und trinken keinen Schluck Wasser bis zum Sonnenuntergang. Andere gehen damit eher ein bisschen lässig um. Ich selber bin auch immer gerne Einladungen zum Fastenbrechen, also zum Ende des Ramadans, gefolgt und freue mich dann, wie die Muslime dieses Fest begehen.

domradio.de: Bundespräsident Gauck war in Berlin bei einem Fastenbrechen eingeladen. Da hat er gesagt, die Angst vor islamistischen Gruppen sei zu einer Angst vor Muslimen geworden. Wie sehen Sie das? Ist das Misstrauen gegenüber dem Islam größer als gegenüber anderen Religionen?

Jaschke: Ja, natürlich. Der Islam ist eine große Mischung aus allen möglichen verschiedenen Bewegungen und die Politik spielt auch eine Rolle. Die Mehrzahl der Muslime bei uns in Deutschland sind liebe, friedfertige und anständige Leute. Aber wir bekommen gerade in diesen Tagen diese schrecklichen Attentate mit, gerade zum Ramadan. Was ist da im Irak los? Wenn der sogenannte "Islamische Staat", eine islamistische Gruppierung,  den Ramadan ausnutzt, um solche Symbole von Terror und Gewalt zu setzen, dann muss man schon erschrecken. Das ist das eine. Auf der anderen Seite müssen wir gerade in Deutschland sehen, dass wir um Normalität und um ein gutes Miteinander mit den Muslimen kämpfen. Wir lassen uns auch zum Ramadan einladen. Aber ich wehre mich immer dagegen, dass der Ramadan politisch in irgendeiner Weise zweckentfremdet wird.

domradio.de: Während des Ramadan ist in diesem Jahr auch über den Einfluss der Politik auf die Islamverbände diskutiert worden. Bundespräsident Lammert war wegen der Völkermord-Resolution des Bundestages an den Armeniern zu einem Fastenbrechen ausgeladen worden. So viel Einfluss darf Politik nicht auf Religion haben, oder?

Jaschke: In dem Maße nicht. Das ist unmöglich. Ich bin auch bestimmten Einladungen hier bei uns in Hamburg und im weiteren Umfeld nicht gefolgt, weil ich mich dagegen wehre, dass von Seiten der Politik Einfluss auf die türkischen Moscheegemeinden genommen wird. Das geht nicht, und das ist eines der Grundübel jeder Religion. Gerade beim Islam erleben wir das aber in den letzten Jahren besonders.

domradio.de: Erkennen Sie da einen Weg in Deutschland, was den Dialog der Christen mit dem Islam anbetrifft?

Jaschke: Man muss versuchen, immer wieder normale Situationen zu finden. Man sollte auch in kleineren Rahmen Einladungen folgen. Ich würde mich freuen, wenn es sich etabliert, dass christliche Gemeinden an Fastenbrechen teilnehmen. Wir als Christen müssen überlegen, wie wir Muslime zu Gemeindefesten einladen können. Wir haben uns auch aus katholischer Sicht überlegt, ob man einmal im Jahr eine große Einladung an muslimische Vertreter auf der Ebene der Bischofskonferenz aussprechen kann, um gemeinsam zu feiern und zu erfahren, wer wir sind. Solche Akte brauchen wir. Aber man muss auch Geduld miteinander haben und sich nicht gleich über jede Äußerung aus der Türkei aufregen. Auf der anderen Seite muss man mit aller Schärfe zurückweisen, was jetzt gerade an Terror während des Ramadans passiert ist. Da erwarte ich auch öffentliche Proteste der muslimischen Autoritäten.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Zeichen des Terrors in Istanbul / © Sedat Suna (dpa)
Zeichen des Terrors in Istanbul / © Sedat Suna ( dpa )

Muslime beim Gebet / © Fredrik von Erichsen (dpa)
Muslime beim Gebet / © Fredrik von Erichsen ( dpa )
Quelle:
DR