Islamverband Ditib kritisiert türkischstämmige Abgeordnete

Vertrauensverlust

Der türkisch-islamische Dachverband DITIB kritisiert die aus der Türkei stammenden Abgeordneten, die für die Armenien-Resolution des Deutschen Bundestags gestimmt haben - jetzt gerät die Vertrauensbasis ins Wanken.

Bundestag / © Michael Kappeler (dpa)
Bundestag / © Michael Kappeler ( dpa )

Die Mitglieder des nach eigenen Angaben größten Islamverbands in Deutschland fühlten sich seit der Abstimmung nicht mehr von den türkischstämmigen Abgeordneten vertreten, sagte Zekeriya Altug vom DITIB-Bundesverband am Sonntag in der ARD-Tagesschau: "Bisher ja, mittlerweile leider nicht mehr", sagte Altug wörtlich: "Das ist natürlich ein riesiger Vertrauensverlust, der die Menschen hier weiter spaltet."

Ungewollte Rechtfertigung

Seit Jahren, so der Verbandsvertreter weiter, müssten sich "die Türken und die Muslime in Deutschland" rechtfertigen "für Geschehnisse in der ganzen Welt, die sie eigentlich nicht direkt angehen". Jetzt komme hier noch ein weiteres Thema hinzu.

Der Bundestag hatte vor kurzem in einer Resolution die Massaker des Osmanischen Reiches an den Armeniern 1915/16 als Völkermord eingestuft und eine Mitschuld des Deutschen Reiches eingeräumt. Die Türkei widerspricht dem und räumt lediglich Massaker, Vertreibungen und beiderseitige Gewalttaten ein.

Vorwurf vom türkischen Präsidenten Erdogan

Präsident Erdogan hatte erbost auf die Resolution reagiert. Unter anderem warf er 11 türkischstämmigen Abgeordneten von CDU, SPD, Grünen und Linken, die für die Armenien-Resolution gestimmt hatten, vor, sie seien ein Sprachrohr der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Zudem solle man bei einigen deutschen Abgeordneten mit türkischem Migrationshintergrund einen Bluttest machen, da ihr Blut vermutlich "verdorben" sei.

In den letzten Tagen hatte es Morddrohungen und Beleidigungen gegen die türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten gegeben. Diese stehen unter Polizeischutz. Zudem rät ihnen das Auswärtige Amt von Reisen in die Türkei ab. Für ihre Sicherheit könne nicht garantiert werden.

Die Bundesregierung und zahlreiche Politiker kritisierten daraufhin die Türkei und forderten türkische Verbände in Deutschland auf, klar Stellung zu beziehen angesichts dieser Drohungen.

Ein anderer DITIB-Sprecher, Murat Kayman, hatte am Wochenende betont, die Beschimpfung und Bedrohung von Parlamentariern sei nicht hinnehmbar, sondern entschieden zu verurteilen. Der Verband DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) gehört zu den großen Islamverbänden in Deutschland und vertritt nach eigenen Angaben mehr als 900 Vereine. Der Verband wird stark vom türkischen Staat beeinflusst.


Quelle:
KNA