Aiman Mazyek zu den Ergebnissen der Deutschen Islamkonferenz

"Muslimische Ressourcen besser einbinden"

Die Themen islamische Wohlfahrtspflege und vor allem die Flüchtlingshilfe haben die Deutsche Islamkonferenz in Berlin dominiert. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, sprach bei domradio.de über die Ergebnisse.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland / © Matthias Balk (dpa)
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland / © Matthias Balk ( dpa )

domradio.de: Die Flüchtlingskrise war ein wichtiges Thema. Schwebte da nicht die ganze Zeit der Streit der Koalition um den Familiennachzug mit im Raum?

Aiman Mazyek: Ja, sicher war das auch ein Thema. Leider gibt ja auch bei vielen anderen Themen Uneinigkeit in der Bundesregierung. Wir haben in der Flüchtlingsarbeit noch jede Menge Probleme in der Umsetzung. Sicherlich spielte das auch eine Rolle bei dem Treffen.

domradio.de: Was halten Sie davon, dass de Maiziere die Einzelfallprüfung auch für Syrer wieder einführen möchte?

Aiman Mazyek: Mit dem Dublin-Verfahren hat das noch einmal eine andere Logik. Aber die Aussagen zum Familiennachzug fanden wir sehr, sehr problematisch, weil die Integration doch gerade von jungen Männern, die zu uns kommen, durch die Zunahme ihrer Familien gefördert wird. Ganz abgesehen davon, dass das auch eigentlich unseren Werten des Grundgesetzes und der humanistischen und christlichen Ethik widerspricht. Deshalb haben wir das nicht verstanden und darauf hingewiesen, dass es eigentlich besser ist, das nicht so zu machen.

domradio.de: 10.000 Muslime engagieren sich bislang ehrenamtlich in der Kinder-, Jugend- und Altenarbeit. Hat die Bundesregierung dieses Engagement bislang überhaupt wahrgenommen?

Aiman Mazyek: Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, dass wir die guten Ressourcen, die die muslimischen Religionsgemeinschaften auch zur Verfügung stellen, noch viel besser einbinden als in der Vergangenheit. Das konnten wir exemplarisch gut an der Flüchtlingsarbeit festmachen. Es gibt so etwas wie Wohlfahrtsarbeit von muslimischer Seite schon längst. Es muss nur etwas besser koordiniert werden und die Zugänge zu den gesellschaftlichen Institutionen, aber auch zum Staat, müssen verbessert werden. In der Flüchtlingsarbeit sollte man exemplarisch betrachtet besser einbinden, was muslimische Religionsgemeinschaften und Moscheen da schon leisten. Das muss insgesamt besser unterstützt werden.

domradio.de: 70 Prozent der Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland gekommen sind, sind Muslime. Wie kann jetzt eine konkrete Hilfe der muslimischen Gemeinden in Deutschland aussehen?

Aiman Mazyek: Diese Schlüsselfunktion muss erst einmal hervorgehoben werden. Es muss hervorgehoben werden, dass viele, viele tausend Flüchtlingshelfer, Seelsorger und Imame schon seit langer Zeit dabei sind, in Flüchtlingsheimen zu arbeiten. Das äußert sich teilweise in der Unterstützung von jugendlichen Flüchtlingen, die wir Pflegeeltern zuführen. Wir haben auch Integrationslotsen, die den Flüchtlingen Auszüge aus dem Grundgesetz auf Arabisch oder die Landesgepflogenheiten weitergeben. Die Zusammenarbeit und Unterstützung müssen wir jetzt einfach weiter optimieren. Das geht nur, indem wir auch Direkthilfen leisten. Die muslimischen  Institutionen haben nicht so etwas wie Diakonie und Caritas, die gute Arbeit leisten, die aber auch seit Jahren schon unterwegs sind. Da gibt es bestehende Netzwerke, was bei den muslimischen Verbänden nicht der Fall ist. Das muss ausgebaut bzw. erarbeitet werden.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR