Die wichtigsten Islamverbände

Wer vertritt die Muslime in Deutschland?

Von den etwa vier Millionen hier lebenden Muslimen ist nur ein Teil in religiösen Gemeinden oder Vereinen organisiert. Das Ringen um gemeinsame Positionen bei den völlig unterschiedlichen Organisationen ist zäh.

Autor/in:
Yuriko Wahl-Immel und Basil Wegener
Islam und Kirche / © Boris Roessler (dpa)
Islam und Kirche / © Boris Roessler ( dpa )

Im Koordinationsrat der Muslime (KRM) sind seit 2007 die vier großen Moscheeverbände Islamrat, Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), Türkisch-Islamische Union (Ditib) und Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) zusammengeschlossen. Die Verbände wollen sich damit besser Gehör verschaffen und auch als Ansprechpartner für die Politik mehr Einfluss zu gewinnen. Der KRM geht davon aus, er vertrete 85 Prozent der Moscheegemeinden. Islamwissenschaftler sprechen von maximal 15 Prozent.

Außerdem gibt es mehrere andere Verbände – etwa den Liberal-Islamischen Bund (LIB), die Alevitische Gemeinde Deutschland und die Türkische Gemeinde in Deutschland.

Der bekannteste: Zentralrat der Muslime (ZDM)

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland mit Sitz in Köln ist der bekannteste der Verbände. Der ZDM-Vorsitzende Aiman Mazyek ist öffentliches Gesicht der Muslime in Deutschland geworden, was die anderen Verbände stört. Denn unter den Dachverbänden gehört der ZDM zu den kleinsten und vertritt nur eine Minderheit.

Er hat 24 muslimische Organisationen als Mitglieder. mit 300 Moscheegemeinden und 15 000 bis 20 000 Mitgliedern. Im März sind weitere hinzugekommen. Der Verband vertritt - als einer der wenigen - Muslime aus vielen Ländern.

Die meisten Mitglieder: Türkisch Islamische Union (DITIB)

Die einflussreiche Türkisch Islamische Union ist mit Abstand die größte muslimische Organisation, wächst weiter und vertritt gut 900 Gemeinden. Sie untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet, wird vom türkischen Staat mitfinanziert. In Köln baut die Ditib den bundesweit größten Moscheekomplex.

Sie gilt als sehr konservativ. Der Dachverband richtet sich inhaltlich strikt an den Vorgaben aus Ankara aus, ihr Vorstandsvorsitzender wechselt häufig. Die Ditib wirft Mazyek „Vertrauensbruch“ vor - erst hinter den Kulissen, dann öffentlich. Der Dialogbeauftragte und Geschäftsführer, Bekir Alboga, ist zentral bei der Ditib. Trotz des aktuellen Streits beteuern die Spitzen von ZMD und Ditib bisher, der Koordinationsrat solle seine Arbeit fortsetzen.

Unpolitisch und tief religiös: Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ)

Zum Koordinationsrat der Muslime gehört auch der Verband der Islamischen Kulturzentren. Mit 300 Moschee- und Bildungsvereinen gilt der Verband als unpolitisch und tief religiös. Er bildet Imame aus.

Öffentliche Äußerungen sind selten. Das Karlsruher Kopftuchurteil - ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist demnach verfassungswidrig - begrüßte der VIKZ als richtungsweisend.

Wenig in der Öffentlichkeit: Islamrat

Der Islamrat bekennt sich laut Selbstdarstellung uneingeschränkt zu Grundgesetz und Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Umstritten ist sein größtes Mitglied, Milli Görüs.

Der Verfassungsschutz führt Milli Görüs als islamistische Organisation, diese Einschätzung wird aber nach Reformen bei Milli Görüs diskutiert. Auch der Islamrat ist in der Öffentlichkeit praktisch nicht präsent.

Bewusste Abgrenzung: Liberal-Islamischer Bund (LIB)

Nicht im Koordinationsrat vertreten ist der Liberal-Islamische Bund (LIB). Der kleine LIB grenzt sich bewusst von den konservativ-traditionellen Verbänden ab. Der Islam wird zeitgemäß ausgelegt. 

Die Vorsitzende Lamya Kaddor ist gefragte Interview-Partnerin. Zum LIB gehört die Muslimische Gemeinde Rheinland, die allen Klischees widerspricht. Dort beten Männer und Frauen zusammen, der Vorbeter (Imam) ist weiblich.


Quelle:
dpa