Essener Generalvikar: Kirchensteuer auch für den Islam

Überraschender Vorschlag

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer verteidigt die Kirchensteuer. Er befürwortet, den staatlichen Kirchensteuereinzug für alle Religionsgemeinschaften zu öffnen. Auch für den Islam.

Muslime beim Gebet (dpa)
Muslime beim Gebet / ( dpa )

Dazu müsse der Islam die Voraussetzungen einer öffentlichen Körperschaft erfüllen. Das Instrument der Kirchensteuer biete dem Staat die Chance, Religionsgemeinschaften gesellschaftlich "zu stärken und einzubinden", sagte Pfeffer am Samstag beim religionspolitischen Kongress der Grünen in Düsseldorf . Dies verhindere Fundamentalismus und Zersplitterung. Im Übrigen lasse sich der Staat den Einzug der Kirchensteuer "gut bezahlen". Auch der rheinische Kirchenrat Rafael Nikodemus sprach sich für den Kirchensteuereinzug für den Islam aus.

Über eine Abschaffung der umstrittenen Kirchenaustrittsgebühr habe nur der Staat zu entscheiden, betonte der Generalvikar. Für ihn sei aber nicht nachvollziehbar, dass für diesen "eher unkomplizierten" Verwaltungsvorgang bundesweit Beträge bis zu 50 Euro erhoben würden.

Generalvikar für Überprüfung der Staatsleistungen an Kirchen

Offen zeigte sich der Essener Generalvikar für die Forderung der Grünen, die grundgesetzlich garantierten Staatsleistungen an die Kirchen zu überprüfen. Bundesweit bekommen die beiden großen Kirchen pro Jahr etwa 480 Millionen Euro pro Jahr als Ausgleich für die Enteignungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In NRW beläuft sich der Betrag in diesem Jahr auf 22,1 Millionen Euro. Pfeffer plädierte für Verhandlungen über Vertragsablösungen. Er habe aber den Eindruck, dass die Politik Gespräche seit Jahren scheue, weil diese wegen vieler unterschiedlicher Verträge "hochgradig komplex" werden würden. Zudem sei für die staatliche Seite offenbar nicht kalkulierbar, welche Summen bei Vertragsablösungen fällig würden.

Pfeffer trat für eine weitgehende Transparenz bei den Kirchenfinanzen ein: "Wir haben nichts zu verbergen." Die Kirche horte keine Gelder, "um sich selbst zu vergnügen". Sein Bistum habe inzwischen auf eine doppelte Buchführung umgestellt. Bei der vorherigen kameralistischen Haushaltsführung habe die Gefahr bestanden, "von der Hand in den Mund zu leben" und Haushaltstitel "einfach umzuschichten", um Löcher zu stopfen. Spätestens nach dem Finanzskandal im Bistum Limburg stünden alle Diözesen untere Druck, ihre Finanzen offen zu legen. Allerdings werde dies bundesweit sehr unterschiedlich gehandhabt, so Pfeffer. Die katholische Kirche in Deutschland sei "kein monolithischer Block".

Muslimgemeinde in Hessen wird öffentlich-rechtlich

Hessen hatte 2013 erstmals in Deutschland eine muslimische Vereinigung als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. Die Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) steht in Hessen rechtlich auf gleicher Ebene wie die großen christlichen Kirchen. Die Gemeinde wollte zunächst aber den Status nutzen, um zum Beispiel islamische Friedhöfe im Rhein-Main-Gebiet und in Hamburg einzurichten. Die AMJ gilt als eine gemäßigte muslimische Reformbewegung. Sie ist nach eigenen Angaben in Deutschland seit den 1950er Jahren aktiv, hat etwa 225 Gemeinden und mehr als 35.000 Mitglieder, 15.000 davon im Rhein-Main-Gebiet.

Als Körperschaften öffentlichen Rechts sind in Deutschland nicht nur die beiden großen christlichen Kirchen - die katholische und die evangelische - anerkannt. Dies betrifft zum Beispiel auch die Jüdische Gemeinde, die Zeugen Jehovas oder die Griechisch- und die Russisch-Orthodoxe Kirche.


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