Anti-Islam- und Pro-Toleranz-Demos

"Kein Platz für Schüren dumpfer Ängste"

Hunderte Anhänger des rechtsgerichteten Bündnisses "Dügida" haben sich am Montagabend in Düsseldorf versammelt. Ein Gegenbündnis brachte noch mehr Menschen auf die Straße. Politiker zeigen sich besorgt.

Anti-Islam-Demo in Düsseldorf (dpa)
Anti-Islam-Demo in Düsseldorf / ( dpa )

Hunderte Menschen haben am Montagabend in Düsseldorf friedlich gegen eine zeitgleiche Anti-Islam-Kundgebung protestiert. Nach Angaben der Polizei, die selbst mit insgesamt 1.300 Beamten im Einsatz war, brachte das rechtsgerichtete Bündnis "Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Dügida) mit knapp 450 Teilnehmern deutlich weniger Menschen zusammen als angekündigt. Die Polizei schätzte die Zahl der Gegendemonstranten auf 750, die Veranstalter sprachen von bis zu 2.000 Teilnehmern.

Die Polizei hatte die unterschiedlichen Demonstrantengruppen vor dem nordrhein-westfälischen Landtag getrennt und war mit Wasserwerfern sowie berittenen Beamten vor Ort, um einer Eskalation vorzubeugen. Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) betonte auf der Gegenkundgebung, in der NRW-Landeshauptstadt sei "kein Platz für das Schüren dumpfer Ängste". Er sei stolz darauf, dass es einen breiten Konsens für eine menschenwürdige Betreuung von Flüchtlingen gebe.

"Mut zur Begegnung"

Politische Parteien und Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) hatten zu der Gegendemonstration unter dem Motto "Mit rheinischer Toleranz gegen Ausgrenzung und Hysterie" aufgerufen und wurden von Kirchen und Gewerkschaften unterstützt.

Die Superintendentin des Kirchenkreises Düsseldorf, Henrike Tetz, erklärte auf dem Johannes-Rau-Platz, Düsseldorf sei "offen für Menschen verschiedener Herkunft, Kulturen und Religionen. Wir erleben die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft als Bereicherung." Zugleich plädierte Tetz an die Menschen in der Stadt, "Mut zur Begegnung und zum Austausch" zu haben. Sie betonte außerdem, man werde weiterhin "durch Begegnung und Zusammenarbeit mit Menschen anderer Religionen für den Religionsfrieden in unserer Stadt eintreten."

Die Federführung zu der von den bürgerlichen Gruppen getragenen Gegendemonstration lag beim "Düsseldorfer Appell", einem überparteilichen Bündnis, dass sich 1992 nach ausländerfeindlichen Ausschreitungen etwa in Rostock-Lichtenhagen gegründet hatte. Zu einer zweiten Kundgebung gegen die Dügida-Veranstaltung hatten unter anderem die Flüchtlingsinitiative "Stay" sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) aufgerufen.

Sternlauf in Dresden

Die Organisatoren dieser Kundgebung betonten, die Anti-Islam-Kundgebung schüre lediglich Vorurteile, Desinformation und Ressentiments. So werde der Boden bereitet, "auf dem Neonazis wieder Flüchtlingsheime anzünden", warnte eine Sprecherin der Flüchtlingsinitiative "Stay". Hunderte Fenster im NRW-Landtag waren mit Flugblättern beklebt, auf denen die Symbole von Christentum, Judentum und Islam abgebildet waren. Darunter stand: "Wir sind alle NRW".

Rund 9.000 Menschen haben zeitgleich in Dresden für Weltoffenheit und Toleranz demonstriert. An der gleichzeitigen Kundgebung der islamfeindlichen Bündnisses "Pegida" beteiligten sich  nach Polizeiangaben rund 10.000 Menschen, so viele wie nie zuvor.

Mit einem Sternlauf setzten die Gegendemonstranten in Dresden erstmals ein gemeinsames Zeichen gegen die rechtspopulistischen Demonstrationen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Aufgerufen hatten unter anderem Kirchen und Parteien.

Bosbach warnt vor "Pegida"

Anders als an den Montagen zuvor hielt "Pegida" nur eine Kundgebung ab. Nach eigenen Angaben aus Rücksicht auf die Händler, die sich über Umsatzeinbußen beklagt hätten, zogen die Rechtspopulisten nicht durch die Innenstadt. Eine Woche zuvor hatte die "Pegida"-Demonstration 7.500 Menschen angezogen.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte vor der Teilnahme an Demonstrationen der "Pegida"-Bewegung. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung"  sagte er: "Jeder kann für oder gegen etwas demonstrieren. Aber man sollte sich nicht für extreme politische Ziele instrumentalisieren lassen, die man selbst nicht teilt." Seiner Ansicht nach geht es den Veranstaltern um die gezielte "Verankerung radikaler Ansichten in der Mitte der Gesellschaft".

Innenminister Jäger ist besorgt

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD), erklärte gegenüber derselben Zeitung, er habe dieses Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz in dieser Woche gesetzt. Zugleich warf er den Initiatoren der Demonstrationen gegen eine vermeintliche "Islamisierung des Abendlandes" vor, sie schürten "mit ausländerfeindlicher Hetze und islamfeindlicher Agitation Vorurteile und Ängste." Es mache ihm Sorgen, "dass Rechtspopulisten und Rechtsextremisten hier aggressiv Stimmung machen - und das auf dem Rücken der Menschen, die sowieso schon alles verloren haben".

Jaschke warnt vor Polarisierung der Gesellschaft

Die Teilnehmer an anti-islamischen Demonstrationen sollten nach Worten des Hamburger Weihbischofs Hans-Jochen Jaschke jedoch nicht pauschal als Rassisten abgestempelt werden. Die Proteste der Pegida seien die Spitze einer weit verbreiteten Stimmungslage in der Bevölkerung, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Wer solche kulturellen Ängste sofort als rassistisch verurteile, fördere eine Polarisierung der Gesellschaft, so Jaschke, der in der Deutschen Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog zuständig ist. Es sei nun Aufgabe besonnener Kräfte wie der Kirche, den Dialog zwischen den gesellschaftlichen Gruppen zu fördern.

Die Bevölkerung kann unterscheiden

In den "Hooligans gegen Salafisten" ("HoGeSa"), die sich zuletzt in Köln und Hannover getroffen hatten, sieht Jäger ebenfalls ein ausländerfeindliches und rechtsgerichtetes Sammelbecken. "Sie missbrauchen ein politisches Thema, um ihre Gewaltbereitschaft auszuleben", sagte der SPD-Politiker. "Das kann und wird eine wehrhafte Demokratie nicht hinnehmen." Jäger kündigte zugleich eine wissenschaftliche Untersuchung zur Zusammensetzung und Motivation von "HoGeSa" an.

CDU-Innenexperte Bosbach geht bei aller Kritik an den Demonstrationen aber auch davon aus, dass die Mehrheit der Bevölkerung durchaus in der Lage sei "zu unterscheiden zwischen dem Islam als Religion und den Strömungen Islamismus und Salafismus."


Nazis in Düsseldorf (dpa)
Nazis in Düsseldorf / ( dpa )
Quelle:
epd , KNA