Präses Schneider zum Dialog mit den Muslimen

"Voraussetzungen sind wirklich sehr gut"

Nach Jahren der Funkstille kamen Vertreter der evangelischen Kirche und der Islamverbände am Donnerstag erstmals wieder auf Spitzenebene zusammen. Der Dialog soll künftig enger werden. Im domradio.de-Interview bewertet Präses Nikolaus Schneider die Gespräche als Aufbruch.

 (DR)

domradio.de: Machen wir mal eine kleine Rückblende: Es war 2006. Die Evangelische Kirche veröffentlichte ein Grundsatzpapier, in dem sie den Muslimen ein Bekenntnis zum Grundgesetz nahegelegt hatte, außerdem ein Bekenntnis zur Gleichheit der Frau und der Religionsfreiheit. Daraufhin waren die Muslime beleidigt. War dieses Grundsatzpapier rückblickend gesehen ein Fehler?--
Präses Nikolaus Schneider: Ich glaube, es war nötig, auch die kritischen Punkte eines Dialoges klar zu benennen. Das halte ich nicht für einen Fehler. Und ein Dialog muss das aushalten können, gerade wenn er auf Augenhöhe geführt wird und wenn man auch voraussetzen kann, dass Vertrauen gewachsen ist, und Vertrauen die Basis dieses Dialoges sein soll. Dann muss man schwierige Fragen auch ansprechen können. Es war vielleicht ein bisschen der plötzlich kritische Ton des Papiers in einer ansonsten entspannten Atmosphäre, der zu diesem Vermittlungsproblem führte. Also eher ein Vermittlungsproblem als ein Problem der Sache selbst.

domradio.de: 2007 sprach Ihr Vorgänger, Bischof Huber, von einer - Zitat - "großangelegten Moscheebau-Initiative" und von "weitergehenden Machtansprüchen" der Muslime. Das ist natürlich provokativ - konnten Sie so was gestern entschärfen?--
Schneider: Wir haben uns gestern zwei Dinge gesagt, die wir machen wollen: Wir wollen auf das schauen, was wir gemeinsam tun und sagen können, vielleicht auch öffentlich gemeinsam sagen können. Und wir wollen uns durchaus auch die kritischen Dinge gemeinsam anschauen. Allerdings zuerst die Gemeinsamkeiten, damit die Basis des Vertrauens so gefestigt wird, dass wir die anderen Dinge auch deutlich und kritisch ansprechen können. Darüber haben wir uns gestern verständigt und auch darüber, wie das Gespräch eine Struktur bekommen kann, so dass man sich nicht nur einmal im Jahr trifft und freundlich miteinander umgeht und vor die Presse tritt und das war es dann, sondern es soll eine Art Unterbau geben, in dem auch über das Jahr hinweg ein regelmäßiger Austausch stattfindet, damit man dann auch in der Lage ist, schneller auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, Stichwort: Salafisten zum Beispiel, so dass man in Zukunft auch bei solchen Dingen gleich gemeinsam an die Öffentlichkeit gehen kann. Das war sehr konstruktiv und auch in einer sehr freundlichen Atmosphäre.

domradio.de: Haben Sie denn so eine Art Nicht-Angriffs-Pakt vereinbart, dass es zukünftig keine verbalen Schlachten über die Medien geben wird? Das hatte ja offenbar die Stimmung vergiftet?--
Schneider: Nicht-Angriffs-Pakt hört sich zu martialisch an, wir sind ja nicht im Krieg miteinander. Sondern wir haben gesagt, dass wir dann ziemlich schnell zueinander Kontakt aufnehmen wollen, um dann auch gemeinsam öffentlich aufzutreten. Und das Gespräch war durchweg in einer sehr freundlichen Atmosphäre.

domradio.de: Wichtigste Frage zum Schluss: Wird es zwischen der Evangelischen Kirche und den Muslimen zukünftig wieder einen lebendigen Dialog geben?--
Schneider: Ja, die Voraussetzungen dafür sind wirklich sehr gut. Und ich gehe davon aus, dass uns das auch gelingen wird.



Das Interview führte Tobias Fricke.