CDU-Fraktionsvize Bosbach fordert härteres Vorgehen gegen Salafisten

"Keine Toleranz für die Intoleranten!"

Im Zuge der Koran-Aktion nimmt die Bundesregierung die Salafisten ins Visier: CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach fordert, manche "Hassprediger" auszuweisen. Im domradio.de-Interview spricht er von "Alarmstufe Rot".

 (DR)

domradio.de: In Fußgängerzonen wird der Koran verteilt. Was ist daran überhaupt problematisch?

Bosbach: Problematisch ist, dass es sich nicht "nur" um Werbung für die religiöse Überzeugung von Muslimen handelt, sondern dass hinter Aktion Salafisten stehen; das ist die radikalste unter den islamistischen Strömungen. Und beim Islamismus handelt es sich ja um eine Mischung von religiöser Überzeugung und politischer Ideologie. Und Islamismus und Demokratie sind eigentlich ein Widerspruch in sich. Die Scharia hat nichts gemein mit unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung. Und deshalb müssen solche Strömungen bekämpft werden. Deshalb ist es bedenklich, dass man auf diese Weise versucht Anhänger für die eigene ÜBerzeugung zu gewinnen.



domradio.de: Welche Gefahr geht denn von den Salafisten aus?

Bosbach: Wer die Verfassungsschutzbericht der letzten Jahre des Bundes und der Länder gelesen hat, weiß, dass die Salafisten im Gegensatz zu den rechtstreuen Muslimen, die sich in unsere Gesellschaftsordnung integrieren möchten und millionenfach schon integriert haben, einen Gottesstaat etablieren wollen. Sie akzeptieren gerade nicht die Entscheidungen von frei gewählten Parlamenten, sondern für sie ausdrücklich entscheidend sind Koran und Hadith, also die Worte und Taten des Propheten. Sie sind auch nicht für eine moderne Auslegung des Islam: Wie könnte er kompatibel ausgelegt werden mit den Grundzügen einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung? Sie nehmen den Koran wörtlich. Ein alltägliches Beispiel: Ein überzeugter Salafist kann die Gleichberechtigung von Mann und Frau nie akzeptieren, und das ist genau das, was unsere Gesellschaftsordnung nicht akzeptieren kann: dass für diese Haltungen geworben wird.



domradio.de: Sie haben sich schon dafür ausgesprochen, radikale Salafisten sogar auszuweisen. Ist das nicht zu radikal?

Bosbach: Das ist geltendes Recht. Und geltendes Recht sollte man anwenden. Wenn das geltende Recht nicht angewandt wird, verliert es ja seinen Sinn. Wir haben im Zuge der großen Novellierung des Ausländerrechtes bereits unter dem Innenminister Otto Schily genau diese Thematik sehr intensiv erörtert und eine Vorschrift in das Ausländerrecht eingeführt, die auch die Möglichkeit gibt, radikale, sogenannte Hassprediger ausweisen zu können. Das setzt voraus, dass es keine deutschen oder EU-Staatsbürger sind, sondern sogenannte Drittstaatsangehörige. Das können wir nicht dulden. Es reicht auch nicht, wenn die von Moscheegemeinde zu Moscheegemeinde weiterziehen; immer dort, wenn sich großer Widerstand vor Ort gegen diese Hassprediger organisiert, ziehen sie weiter zur nächsten Moschee und können dort ihre Thesen verbreiten. Von denen müssen wir uns trennen. Das hat auch nichts mit Islamophobie zu tun, sondern mit einer wehrhaften Demokratie. Und da kann man nur das Postulat aufstellen: keine Toleranz für die Intoleranten!



domradio.de: Die Debatte um die Verteilaktion schlägt ja hohe Wellen auch im politischen Berlin. Gestern hat sich zum Beispiel Gisela Piltz - sie ist Innenexpertin der FDP - geäußert und gesagt, solange bei der Aktion keine Gesetze verletzt werden, kann man ein Verbot rechtstaatlich nicht  durchsetzen. Sehen Sie das auch so?

Bosbach: Das ist so. Solange hier die Verfahrensvorschriften eingehalten werden, solange keine Gesetze verletzt werden, werden die Städte und Gemeinden wohl Genehmigungen erteilen müssen. Eine solche Verteilaktion ist ja nicht Bestandteil des Gemeingebrauchs von Straßen und Plätzen. D.h. man braucht eine sogenannte Sondernutzungsgenehmigung, in der Regel muss die auch erteilt werden. Allerdings hat es schon Fälle gegeben, wo die zuständigen Städte und Gemeinden diese Genehmigung auch versagt haben, z.B. dann, wenn über den Zweck der Aktion getäuscht wurde. Aber die Tatsache, dass man eine solche Aktion genehmigen muss, weil Gesetze eingehalten werden, bedeutet im Umkehrschluss natürlich nicht, dass man auch noch das Treiben politisch unterstützen sollten. Im Gegenteil: Wenn hier radikale Organisationen, die sich im Visier des Verfassungsschutzes befinden, auf diese Art und Weise mobilisieren und radikalisieren, in der Vergangenheit schwerpunktmäßig im Internet, jetzt in der Öffentlichkeit, dann ist Alarmstufe Rot - und dann müssen die gemäßigten demokratischen Kräfte in der Republik zusammenstehen. Deshalb ist es auch sehr erfreulich, dass auch der Zentralrat der Muslime selber gesagt hat, dass er diese Aktion verurteilt und nicht unterstützen kann.



domradio.de: Müsste nicht ein so stabiler demokratischer Staat wie Deutschland so eine Verteilaktion nicht aushalten können?

Bosbach: Mit der gleichen Argumentation könnte man auch sagen: Regt Euch nicht auf, wenn Rechtsextremisten ihr unappetitliches Gedankengut unter das Volk bringen, das muss eine Demokratie aushalten. Eine Demokratie muss viel aushalten, aber sie muss nicht wehrlos hinnehmen, wenn es Gruppierungen gibt, die mit dem Ziel antreten, diese freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen und durch einen totalitären Gottesstaat zu ersetzen!



Das Gespräch führte Matthias Friebe.